2
Mai
2011

Sex-Spielzeug

In Japan bin ich oft nach dem Unterschied zwischen akustischen und elektronischen Klavieren gefragt worden. Ich war damals noch jünger, frecher und die Japaner haben ja keine sexuellen Hang-ups. Daher habe ich dann so verglichen: ein elektronisches Klavier ist so, als würden Sie mit einer Gummipuppe schlafen, ein Bösendorfer ist das Erlebnis mit einer richtigen Frau. Die Dolmetscherinnen blickten mich immer fragend an, ob sie das wirklich übersetzen sollten. Ich nickte, dann taten sie es und es war wunderbar zu sehen, wie die Verhandlungspartner langsam zu schmunzeln und dann zum lachen begannen. Zuerst schauten sie mich noch immer an, ob ich es ernst meinen würde, und dann löste sich der Bann.
"Hervorragend! - Sugoi, so des ka ne?" Und ich hatte wieder einen Flügel verkauft, der dort vielleicht 70 000€ nach heutiger Umrechnung kostete:)
(Das waren die kleinen Flügel für den Privatgebrauch. Bei Konzerthallen wurde die Frage ja nur gestellt, um mich auf die Probe zu stellen. Ein Imperial kostete damals 2.100.000,-- ATS in Toyko.)
-
Die Geschichte hat einen realen Hintergrund. Ich brauche etwas in Belgrad zum Üben. Und ich werde mich an den Gedanken an ein elektronisches Pianino gewöhnen müssen. Das CLP-340 ist schon fast entschieden, es spielt sich ausreichend gut.
Jetzt stellt sich die Frage, springe ich über den Jordan? Dann kaufe ich es noch diese Woche.
Die vorher angesprochenen Gummi-Puppen gibt es übrigens auch in mehreren Qualitäten. Die richtig guten sind aus zweierlei Silicon und spielen alle Stückeln. Man kann sie sogar nach Wunsch mit vorgegebenen Bildern fertigen lassen. Hat irgendwer die Manker-Inszenierung von der Alma gesehen?

http://www.realdoll.com/ Die Püppchen fangen bei 6000 US$ an.
Ganz interessant: die Kapitel female doll 2 und FAQ. Es gibt auch etwas für die Damen:)
read 930 times
steppenhund - 2. Mai, 10:59

Nachtrag

Das elektronische Klavier bewegt sich um die 2000 €. Also richtiggehende eine Okkasion, verglichen mit den Puppen:)

PeZwo - 2. Mai, 11:02

der Vergleich ist gut, direkt aus dem Leben gegriffen und so ziemlich jeder Mann kann sich darunter ganz konkret etwas vorstellen. Das gefällt mir :)))

steppenhund - 2. Mai, 11:17

Selbst Frauen, die nicht gerne durch eine Puppe ersetzt werden wollen, können sich darunter etwas vorstellen:)
david ramirer - 2. Mai, 11:21

nicht alles was hinkt, ist ein vergleich: denn es gibt genügend anlässe, die ein elektronisches klavier rechtfertigen und etliche dinge, die auch der teuerste konzertflügel nicht kann (sofern er nicht elektronisch gepimpt wurde).

auf so mancher bühne hat ein flügel keinen platz. in so mancher umgebung ist es wichtig, das klavier stummzuschalten. gute stage-pianos bieten neben klaviersounds auch passable harpsichords, glockenspiele und orgelklänge an. die tasten von elektronischen klavieren sind teilweise genau so gewichtet wie die tasten von flügeln. mit elektronischen klavieren können per midi andere instrumente gesteuert werden...

ich finde den vergleich deswegen nicht funktionabel, weil er einerseits äpfel mit birnen vergleicht und es am ende so erscheint, als ob die birne nichts wesentliches anzubieten hätte - was definitiv falsch ist.

es gibt etliche musiker, die sich ernsthaft mit beidem beschäftigen. und joe zawinul z.b. hätte sich sicher geärgert, wenn jemand seinen synth als dildo bezeichnet hätte.

p.s.: dabei bin ich ein echter klavier-fan. aber elektronische klaviere in die sexpuppenkiste zu kloppen wird ihnen nicht gerecht.

steppenhund - 2. Mai, 11:32

Nur ein Widerspruch: ein synth ist kein elektronisches Klavier.

Und etwas kann ein elektronisches Klavier nie vermitteln. Den Resonanzeffekt, der durch den ganzen mechanischen Aufbau des Klangkörpers gegeben ist.

Es gab übrigens einmal ein elektronisches "Enhancement", was genau dieses versuchte. In den 70er-Jahren gab es Katastrophenfilme wie Erdbeben, die im Kino mit einem spziellen Bass das echte Magengefühl zu bewirken versuchten.
So richtig hat das aber nach meinem Gefühl nicht funktioniert.

Natürlich kann das elektronische Klavier einiges, was das akustische nicht kann. Vielleicht kann ich dann wesentlich besser Einspielungen fabrizieren oder mich selbst besser kontrollieren, in dem ich mir die Aufnahmen vorspiele. Da sehe ich ein großes Potential.
Aber bei Klang und haptischem feedback kann ich den Unterschied wohl noch erkennen. Möglicherweise benötigt man einfach auch eine Super-Klanganlage, um einigermaßen den echten Sound erreichen zu können.
david ramirer - 2. Mai, 11:50

ein elektronisches klavier ist immer auch ein synth... auch wenn die klänge gesampelt und digital vom super-real-flügel übernommen werden.

natürlich kann ein elektronisches klavier ein richtiges klavier nicht ersetzen, vor allem wenn es um die obertöne und die resonanzfeinheiten geht. es sollte aber auch bedacht werden, dass wohl nur maximal 1% des publikums den unterschied hören würden.
ein ähnliches problem besteht ja in der rockmusik: nahezu alle rockkonzerte sind viel zu laut, es ist kaum möglich, den gesang zu verstehen oder die feinheiten der musik per gehör aufzunehmen. und woran liegt das? - am viel zu lauten schlagzeug, das mit elektronischen mitteln wunderbar imitiert (und heruntergepegelt) werden könnte. doch was sagen schlagzeuger, wenn man sie auf ihre überlauten geräte und die elektronische lösung anspricht? - dass man den unterschied hört (dreimal kurz gelacht!).

ich bezweifle das: die meisten rockkonzert-besucher hören mit dem schließmuskel, der sich aufgrund übertriebener bassreflexboxen öffnet.

aber ein großes drum-set sieht auch geil aus, und die optik eines konzertflügels toppt kein clavinova.
es geht ums image, letztendlich. nicht um klang.
steppenhund - 2. Mai, 12:02

Eher Gefühl

Ich glaube, mir geht es um das Spielgefühl. Die Haptik beim Anschlag und die Antwort des Instrumentes.
Vielleicht sollte man die Geige als Vergleich heranziehen. Wie rangieren denn die elektronischen Geigen im Vergleich mit einer echten?
david ramirer - 2. Mai, 12:14

bei den gitarren jedenfalls verstehen sich ja die akustiker mit den elektronikern recht gut, glaube ich zumindest... weil ohne verstärkung live wenig geht, und das verändern des ursignals aus dem instrument ein kleiner schritt ist.

wie gesagt - es kommt auf die anwendung an: und in vielen fällen ist ein flügel unzureichend.
steppenhund - 2. Mai, 12:23

"...und in vielen fällen ist ein flügel unzureichend." Das erinnert mich jetzt aber eher an die Handy-Problematik. Die meisten Handys können schon so viel, dass das Telefonieren gar nicht mehr gefragt ist.
Effekte sind heute in der Musik auch wichtiger als das Musizieren. Für einen Schubert reicht ein Flügel vollkommen. Sogar für Brahms oder Liszt.
Und auch wenn ich die Version von ELP sehr schätze, gefällt mir die pure Klavierfassung von Mussorgski besser als die instrumentale von Ravel. (Das ist allerdings ein ausschließlich subjektives Urteil.)
david ramirer - 2. Mai, 12:38

mir ist diese sichtweise ein wenig zu klassikzentriert, und du blendest manches aus:
effekte sind in der musik immer von großer bedeutung, egal ob es sich um klassik oder um moderne musik handelt. ist ein tonartwechsel kein effekt, oder eine tempozunahme, oder ein kaum fingertechnisch zu bewältigender lauf bei liszt?

was bedeutet der begriff "musizieren" in dem zusammenhang? - das bewältigen von effekten auf einem möglichst klangauthentischen instrument. es geht in der kunst sehr oft um den effekt - und auch um die effektivität (was dazugehört).

die version von ELP ist ein fall für sich... und als version ernst nehmen kann ich sie nicht. ich rede auch gar nicht von ver-rockungen von klassischem material, das interessiert mich nicht.

sicher ist ein flügel für brahms, schubert, listz und konsorten ausreichend - die herr- und frauschaften haben auch für den flügel komponiert.
bei bach wird es schon lustiger: die silbermannpianos zu bachs zeiten klangen recht holprig. für bach würde eigentlich ein cembalo reichen. sicher kann man am flügel viel aus bach "herausholen"... aber auf einem guten synth geht das auch. bach ist ein gutes beispiel für einen musiker, der keinen flügel "braucht" (auch wenn alle gould/gulda/usw.-apologeten jetzt aufschreien werden).

doch auch das ist nicht mein thema. es gibt musik (und ich rede von guter musik) die mit einem klavier nicht ihr auslangen findet, weil sie andere optionen benötigt. z.b. einen klang, der hält (wie etwa ein orgelton). das kann ein klavier nicht, ein synth aber schon. und ich würde es doch etwas befremdlich finden, wenn ein orgelton als effekt diffamiert wird.

bach, schätze ich einmal, wäre aufgrund seiner nähe zur orgel dem synth gegenüber aufgeschlossener als es z.b. schubert gewesen wäre. daher schätze ich bach nach wie vor am meisten.
bei seinem letzten werk, der "kunst der fuge" hat er gar keine angabe zum instrument gegeben: es geht in der musik tatsächlich nicht um den effekt (eigentlich ein anderer name für "instrument").
Bubi40 - 2. Mai, 13:26

mit verlaub ...

wenn koryphäen streiten, sollte man sich eigentlich diskret zurückhalten ...
das thema aber lässt es nicht zu.
wenigstens zwei anmerkungen eines "halbverrückten" liebhabers von flügeln und guten klavieren.
1. halte ich die aussage, dass nur ein prozent der zuhörer den unterschied zwischen einem flügel und einem e - klavier herauszuhören vermag, für maßlos untertrieben.
2. ist das für dieses problem auch vollkommen irrelevant. es kann nach meiner meinung nur ein narr oder ein absoluter laie behaupten, dass ein e - klavier die gleichen ergebnisse - an klang, an anschlag und an modulationsmoglichkeiten - zeitigt, wie es etwa ein bösendorfer, steinway, blüthner oder bechstein kann.
ich jedenfalls kenne keinen pianisten, der seinen flügel mit einem elektronischen gerät vertauschen würde.
freilich gibt es situationen, in denen NUR ein e- klavier in frage kommt.

steppenhund - 2. Mai, 13:52

Ich hoffe, man hat Ihnen die Einladung schon weitergeleitet. Dann könnte es im Juni interessante Diskussionen geben;)
david ramirer - 2. Mai, 14:02

ok, ich gebs zu, ich habe untertrieben. es sind sicher weniger als ein prozent, die den unterschied hören würden.
dazu muss ich aber auch noch anmerken, dass in den meisten fällen das klavier nicht alleine zu hören ist und in einem ensemble inclusive einem nicht-klassischem setting erklingt.

es ist ein großer fehler, das klavier alleine der klassik zuzuordnen... und geschulte ohren sind rar.

übrigens: die selben ergebnisse bringt ein e-klavier natürlich nicht (das habe ich narr auch nie behauptet ;)... aber der unterschied spielt meist keine rolle.
Bubi40 - 2. Mai, 17:25

jau, jau ... es sollte in der tat " übertrieben " heißen. ;-))) sri

schwester hat mir schon per telefon mitteilung gemacht, sie will mir ihre einladung per e - mail zukommen lassen. vorerst einmal herzlichen dank. übrigens bin ich hier zu finden. http://bubi40.twoday.net/
steppenhund - 2. Mai, 20:52

Und im Schraffieren, was das Schwerste,
Da wird er unbedingt der Erste.
...
Das ist eine Lieblingszeile von mir, die man beliebig auf fast jedes Zeitwort ausdehnen kann.

Und im Bloggen, was das Schwerste,
Da wird er unbedingt der Erste.
ConAlma - 2. Mai, 20:16

Im Juni ist Alma in Prag. Paulus Manker sagte gestern im Fernsehen, dass es da, wo gespielt wird, auch Zimmer zu mieten gibt. Das bedeutet totales Eintauchen, wahrscheinlich. Und mit ihm frühstücken, wie er augenzwinkernd meinte.

steppenhund - 2. Mai, 20:51

Ich muss Gerhild fragen. Im Juni bin ich fast vollständig ausgebucht. Auf Frühstück mit Manker kann ich verzichten. Da wäre mir ein Frühstück mit dir lieber.
Aber tatsächlich ginge das nur in der Woche zwischen 19. und 24. Juni.
Fährst Du hin?
ConAlma - 2. Mai, 22:01

ich kann wenn dann nur ganz ende juni. vorher (fast) unmöglich. ich denk drüber nach. hätte was.
steppenhund - 2. Mai, 22:04

29. oder 30. Aber das müssten wir planen. Und ganz geheim halten:)

Mehr über facebook
oops - 5. Mai, 21:19

ich mag deine vergleiche
und bin gespannt über deinen bericht wenns dann da ist
;-)
viel erfolg

logo

auf 70 steuernd

die Erfahrungen genießend

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Nachtrag zu diesem Jahr
Abschluss der Musikaktivitäten Die Leistung des Jahre...
steppenhund - 10. Dez, 18:59
Langsamer Abschied
Долгое прощание - Langsamer Abschied Dieses Buch von...
steppenhund - 13. Nov, 12:01
Aleksandra Mikulska
Es gibt drei Pianistinnen, die ich ganz hoch einschätze,...
steppenhund - 22. Okt, 14:44
Quietschen
Q U I E T S C H E N Als ich gestern nach dem Aufstehen...
steppenhund - 20. Okt, 12:36
Ich liebe meinen Induktionsherd....
Ich liebe meinen Induktionsherd. Brauchst auch den...
la-mamma - 18. Okt, 18:10

Meine Kommentare

wenn Sie der Lehrer meiner...
würde ich mich wundern, dass Sie nicht auf meinen Kommentar...
abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

The bridge


Bloggen
Computer
ernst
Familie
Film
fussball
Icebreaker
Ist das jetzt das Alter
Kino
Kultur
Leben
Lesen
Musik
nichttägliche Mathematik
Philosophie
Politik
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren