14
Jan
2011

Frauen und Gewalt

Die Mutter des Dreijährigen, der von einem 26-Jährigen umgebracht wurde, wird angeblich auch unter Anklage gestellt. Vernachlässigung der Obsorge oder ähnlich.
Die Mutter tut mir leid. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es ist, selbst geschlagen zu werden und trotzdem den Mann im Haus zu behalten, ihm das eigene Kind anzuvertrauen, wenn ich weiß, dass er gewalttätig ist. Da muss viel andere Verzweiflung und Druck aufgebaut worden sein - oder auch unbeschreibliche Angst, dass hier kein rechtzeitiger Ausweg gefunden werden konnte.
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Frauen können aber genauso gewalttätig werden. Wobei die Gewalt gegenüber ihren Männern schon Teil von Untersuchungen geworden ist.
Aber es gibt Gewalt gepaart mit Dummheit verursacht durch fehlendes Verständnis und/oder einfach Idiotie.
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Ich beobachte eine Frau am Fahrkartenautomaten der ÖBB. Sie will ein Retourticket kaufen. Sie drückt die entsprechenden richtigen Berührfelder am Schirm, es kommt die "Busy"-Anzeige, die ihr aber zu lange dauert. Sie wiederholt das Drücken der gewünschten Funktion. (Das kann - muss aber nicht unbedingt - bedeuten, dass der Vorgang neu gestartet wird. Man kann auf diese Weise den Automaten immer beschäftigt halten, ohne je auf einen grünen Zwei zu kommen.)
Nach dreimaliger Wiederholung prügelt sie auf den Bildschirm ein und tritt gegen den Rahmen des Automaten.
Die Frau ist ca. 50. Sie ist wahrscheinlich keine Computer-Benützerin. Sie stellt sich wohl vor, dass im Inneren des Automaten ein kleiner Mensch sitzt, der an der "Busy"-Anzeige kurbelt und nicht weiter tut.
Irgendwann startet sie ganz von vorne und das Spiel wiederholt sich. Ich bin mittlerweile begeistert wie robust der Touch-Bildschirm ist. Nach drei Minuten hat sie es geschafft.
Ich brauche zwar nur das einfache Ticket, aber das kommt problemlos nach 17 Sekunden heraus. (Ich stoppe extra, weil es mich einfach interessiert.)
Technisch gesehen war der Automat tatsächlich langsam, was allerdings nur an der Online-Verbindung zu liegen scheint. Offensichtlich werden bestimmte Inhalte der Verbindungen nachgeladen. Er war aber nicht übermäßig langsam.
Sozial gesehen habe ich mich gefragt, ob ich die Frau aufklären soll. Während ihrer Automatenprügeleien wollte ich nicht dazwischen reden, sonst hätte vielleicht ich eine abgekommen. Nachher habe ich noch kurz überlegt, aber dann Abstand genommen, mich zu bemühen. Sie hätte mich in ihrer Gemütslage höchstens als Besserwisser oder als Vertreter ihres "Feindes" beschimpft.
Ehrlich gesagt kann ich ihre Aufregung verstehen. Ich bin manchmal ebenfalls von den Dingern frustriert. Aber mir würde nie einfallen, gegen den Automaten gewalttätig zu werden - nicht einmal, um mich abzureagieren.
Sollte die Frau aber einmal ein Enkelkind erschlagen, werde ich mich fragen müssen, ob ich eingreifen hätte sollen. Vielleicht hätte ich sie anzeigen sollen - auf Verdacht zur Gewalttätigkeit.
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Wie können wir in der heutigen Zeit zwischen vernünftiger Anteilnahme und Vernadertum überhaupt manövrieren?
Ich weiß es nicht.
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creature - 14. Jan, 11:57

ich kannte einige frauen die "riechen" scheinbar den testosteronüberschuß und fallen in trance, scheint mir, aufwachen tuns erst wenn sie die ersten prügel einstecken müssen, selbst dann aber hoffen sie noch auf besserung dank ihres vertrauens auf die heilkraft ihrer liebe.
unglaublich zwar, es wird mir immer ein rätsel bleiben, trotz vieler gespräche mit betroffenen!

steppenhund - 14. Jan, 12:08

kann ich nachvollziehen...
creature - 14. Jan, 12:33

ich könnte geschichten erzählen, oh goood.....
hatte zwei kurzzeitbeziehungen, oder gar drei? mit solchen frauen, die alle gebildet, hübsch und wunderbare liebhaberinnen waren, bei einer wurde ich von ihren exfreund aufs ärgste bedroht, einem anderen bin ich mit letzter not entkommen, dank auto...;)
mir reichts, ich frage in frage kommende nun immer nach ihrem vorleben aus.
steppenhund - 14. Jan, 13:32

Das sind Erfahrungen, die ich Gott sei Dank noch nie machen musste. Es ist eher so, dass ich mich mit Vorliebhabern oder sogar Ehemännern eher ganz gut verstanden habe.
(Was wiederum manche Frauen überhaupt nicht glauben wollen)
katiza - 14. Jan, 12:20

Es sind sehr oft schon in der Kindheit gelernte Muster, die manche Menschen Prügel mit Liebe verwechseln lassen. Und es hängt wohl auch mit einem Fehlen an Kinderbetreuungsstätten zusammen, dass der neue Partner sich um das Kind "kümmert", während sie arbeiten geht. Schrecklich sind solche Geschichten allemal und kamen schon immer vor, Frauen könnene ganuso gewalttätig werden, da haben Sie recht Herr Steppenhund, werden es aber trotzdem statistisch seltener - von der Großmutter, die das Enkelkind erschlägt, hört man ganz selten, das Männchen, das die Kinder seines Vorgängers quält und tötet, kommt ein bis zwei mal im Jahr vor und auch die andere schreckliche Form der Gewalt, die sexuelle (ich gehöre zu denen, die meinen einem Missbrauch könnte ein Gebrauch gegenüber stehen, daher versuche ich das Wort icht zu verwenden) wird häufiger von Männern (z.B. dem Onkel, Vater, Großvater) ausgeübt.

Vielleicht hätten Sie ja nach dem ersten Drücken lächelnd fragen können, ob Sie helfen dürfen? Denn dieser Gewaltausbruch war - wie es solche Ausbrüche oft sind - wohl einfach ein Symptom der Hilflosigkeit...Sie lesen gerne Gedanken, hm?

steppenhund - 14. Jan, 12:31

Da kam ich zu spät dazu. Da war die Hilflosigkeit schon umgeschlagen. Etwas früher wäre ein Helfen noch möglich gewesen.
Jossele - 15. Jan, 11:56

Kinder haben zu funktionieren!

Ich habe ja da familienmäßig ein bisserl Einblick in Kinder- und Jugendpsychiatrie. Da war vor etwa zwei Jahren ein Fall, wo ein Adoptivvater sein Adoptivkind nach sechs Monaten wieder zurückgeben wollte weil es nicht ins Schema gepaßt hat (obwohl Richter, er ist damit nicht durchgekommen).
Und mit der Hilflosigkeit leiblicher, bzw. Stief- Eltern könnte man sowieso Bände füllen.
Problemlösungsverhalten hat als letzte Instanz meist Agression (und der Spielarten gibt es viele).

Die Fahrkartenautomaten der ÖBB sind eine Herausforderung. Auf den Rekord von 17 Sekunden Reaktionszeit bin ich noch nie gekommen (eher mehr), allerdings habe ich dabei kaum je den Drang verspürt, den Aparat zu treten (am Ende dauert´s dann noch länger).
Vermutlich sind sehr viele Menschen dahingehend verwöhnt, dass alles und sofort problemlos verfügbar zu sein hat. Problemlösungsverhalten, siehe oben.

bonanzaMARGOT - 15. Jan, 15:52

ich finde das verhalten der frau sympathisch. schliesslich tut sie dem automaten nicht weh, und es ist nunmal ein fakt, dass man sich vor so einem ding wie ein idiot vorkommt. auf den beamten am fahrkartenschalter hätte sie sicher nicht eingeschlagen, obwohl auch dort aggressionsgeladene situationen durch lange wartezeit etc. vorkommen können.
die mutter, die ihr kind vernachlässigte oder gar totschlug, war höchst wahrscheinlich auch in einer stress-situation. menschen werden, je nach psychischer stabilität, immer wieder mal ausflippen und ihre wut sogar an mitmenschen, an ihren kindern oder am ehepartner auslassen.
jeder fall hat seine eigene tragische geschichte.

diefrogg - 15. Jan, 17:47

Ich neige ja eher dazu,...

Automaten verbal zu beschimpfen. So im Stil von: "He, Du Tubel!", auch schon (zu einem Billettautomaten der Bern-Lötschberg-Simplon-Bahn, einer besonders bediener-unfreundlichen Maschine): "Was haben denn diese Gangster hier hingestellt?!". Oder: : "Mach vorwärts, Freund!" (letzteres zu meinem PC im Büro, der nicht der schnellsten einer ist. Aber den behandle ich kumpelhaft, denn mit ihm muss ich wahrscheinlich noch ein paar Jahrzehnte auskommen.

steppenhund - 15. Jan, 19:18

An alle,

die das Beschimpfen oder Beprügeln des Automaten für durchaus statthaft halten.
Vielleicht ist es sogar besser, auf den Automaten sauer zu sein - als auf die eigentlichen Schuldigen. Ich pflege allerdings zu sagen, ein Computer ist auch nur ein Mensch. Und was ich ursprünglich immer als reine Ironie meinte, hat sich inzwischen zu einer Realität gewandelt.
Wenn ich mich ärgere, dann so:
"Welches verdammtes, vertrotteltes Arschloch hat wieder dieses Eingabeprogramm verfertigt. Dieser Hurenbock hat selber noch nie eine Karte gekauft. Und diese Scheißer von der Eisenbahn lösen ihre Testabteilung auf. Uns geben sie keine Aufträge, obwohl wir genau dazu da wären, Fehlfunktion, schlechte Bedienbarkeit und Performance-Schwierigkeiten aufzudecken, während sie wo anders das Geld zum Fenster raushauen.
Das muss wohl ein besonders zurückgebliebenes Exemplar der Programmierergattung sein, der in einer Gui einen Workflow versteckt, der nirgendwo dokumentiert ist. Vielleicht wäre ein kleiner Hilfetext, den man abrufen könnte, hilfreich. Aber nein, die ganze Programmierung riecht nach 'Schmeck's Goscherter'. Ich tät gern wissen, wie der aussieht, der dafür verantwortlich zeichnet."
UND DEM TÄT ICH DANN GERN IN DIE GOSCHEN HAUEN.
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Den Automaten zu beschimpfen ist genauso primitiv wie die, welche ihn programmiert haben. Als Automat würde ich dann noch mehr verweigern:)))

creature - 15. Jan, 21:05

schuld ist der programmierer, den hab`ns ins hirn gschi****, nein, schuld der leiter dieser abteilung, nein, der boss der öbb, der schon keiner mehr ist sondern millionen von € abfertigung bekommen hat, das arsch***, nein, der schüssel und seine neoliberale partie, wenn i den erwisch, nein, wer hat die gewählt? der österreicher, wo ist der nächste, ah, hinter mir, der kriegt jetzt eine.....
steppenhund - 15. Jan, 22:16

Genau!!!
An die Ausweitung mit dem hinter mir habe ich noch gar nicht gedacht.
Ist wahrscheinlich auch besser so:)
Also bis zu den *** absolute Zustimmung. Aber der Schüssel wars nicht allein, die Roten spielen da genauso mit:)
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