11
Okt
2012

Eintausendneunhunderteinundsechzig

1961

[In Anlehnung an Wiederworte schreibe ich meine eigenen Bedeutungen für das Jahr 1961] hier nieder.

Als ich 1961 als Jahreszahl las, war mir klar, dass dies ein besonderes Jahr in meinem Leben gewesen war. Doch beim Nachrechnen von vorne - also von meiner Geburt weg - war es mir plötzlich nicht mehr so klar. Wann war ich nach Wien gekommen? 1956 oder 1957? Umgekehrt war es leichter zu rechnen. Ich habe 1969 maturiert, also bin ich 1968 in die achte Klasse gekommen. Zwangsläufig war dann 1961 das Jahr, in dem ich ins Gymnasium gekommen bin.

Und das ist wirklich das Jahr, das ich für bemerkenswert halte. Aus unterschiedlichen Gründen, von denen viele mit der Schule zu tun hatten. Eigentlich waren es sogar zwei Schulen. Das Gymnasium und die Musikschule, die ich in dem Jahr zu besuchen begann.

Wien war für mich 1961 keine schlechte Umgebung. Wir wohnten in fünf Minuten Entfernung vom Wertheimstein-Park, wo ich viel Zeit verbrachte. Am Fuße der "Hohen Warte", war im Sommer auch das Freibad ein Daueraufenthaltsplatz. An den Wochenenden spazierten unsere Eltern mit uns Kindern im Wienerwald. Wir fuhren mit dem Autobus auf den Kahlenberg und spazierten dann gemütlich den Berg mit mehr oder weniger Umwegen herunter. Manchmal kamen wir durch Grinzing, manchmal durch Sievering, und es gab Zeiten, wo meine Mutter Schnitzeln mitgenommen hatte und wir gemeinsam dann bei einem Heurigen einkehrten, die damals noch lange nicht den Restaurant-Charakter von heute hatten. Es gab ausschließlich den selbstangebauten Wein oder einen Almdudler. Bier oder Coca-Cola hätte man vergebens bestellt.
Auf diesen Spaziergängen unterhielt sich mein Vater mit mir, während meine Mutter mit meiner Schwester sprach. Waren Freunde meiner Eltern mit, gesellte ich mich zu den "Herren" und lauschte aufmerksam, was sie besprachen. Ich muss hinzufügen, dass mein Vater ein ausgezeichneter Unterhalter war. Belesen, mit Lebenserfahrung, leidenschaftlicher Musiker erzählte er unzählige Geschichten, die manchmal von seiner eigenen Wahrnehmung so stark geprägt waren, dass sie nicht unbedingt eine "objektive" Wahrheit berichteten. Doch von Struktur und Spannung waren sie für mich ein Fundus an Wissen. Außerdem konnte ich meinen Vater fast alles fragen.

Es ist eine besondere Vergünstigung, wenn man in so einem Elternhaus aufwachsen kann. Dann wird auch die Schule zu einem Vergnügen. Schule war interessant. Als Schüler war ich gut genug, dass man mir meine Lebhaftigkeit und Tratscherei verzieh, weil man wusste, dass ich alles haargenau aufnahm. Obwohl ich also zu den besten zählte, war es für mich nicht selbstverständlich, ob ich die Aufnahmeprüfung ins Gymnasium schaffen würde. Da gab es so etwas wie eine gewisse Aufgeregtheit, denn das war eine "erste" Prüfung, bei der es um etwas ging. Es wird nicht überraschen, dass die Prüfung letztlich sehr leicht ausfiel. Trotzdem haben damals nicht alle die Aufnahmsprüfung geschafft.

Wenn ich heute lese, dass die Gesamtschule so gut sein soll, weil die sozialen Kontakte nicht zerreißen würden, dann wohnen zwei Seelen in meiner Brust. Einerseits verstehe ich das Argument recht gut. Schließlich sind unsere eigenen Kinder in die Waldorfschule gegangen, wo in den ersten acht Jahren ja sogar der Klassenlehrer der gleiche bleiben soll. Andererseits kann ich mich an den Stolz und die Neugier erinnern, mit der ich den ersten Tag in die neue Schule ging. Es war aufregend. Neue Lehrer, die sich jede Stunde abwechselten, und das Gefühl, jetzt endlich in der "wirklichen" Schule zu sein, wo man etwas lernen würde. Etwas Neues.

Meine Schule gab es noch gar nicht. Das bedeutet, dass es sie als Organisationsform und Institution gab, aber die Schule selbst nicht existierte. Nicht als Gebäude mit Schulklassen, ohne Hausmeister, ohne Turnsäle, ohne Adresse. Die Schule war zur Untermiete an verschiedenen anderen Schulen. Mein erstes Schuljahr verbrachte ich in der Krottenbachstraße, was eigentlich die Realschule war. (Realschule in Österreich entspricht nicht der Realschule in Deutschland, sondern ist nur ein bisschen weniger sprachorientiert als das Gymnasium.)
Erst einige Jahre später, wurde die Schule gebaut, in die ich ging. Sie war dann natürlich eine moderne Schule mit guten Räumen und Fussballplatz und hellen Korridoren. Sie war auch ein bisschen verschrieen, weil die Finanzierung dieser Schule möglicherweise durch Elternbeiträge gefördert wurde, welche nicht ganz freiwillig erbracht wurden. Trotzdem wurde dieser Schule kein Maturaskandal angehängt, obwohl man sie das "Samesianum" nach dem Namen des Gründungsdirektors bespitznamte.

Es gibt vieles über dieses erste Schuljahr zu berichten. Was mir bis heute in Erinnerung geblieben ist, war die neugierige Frage: wer wird der Klassenvorstand sein. Die Freundin meiner Mutter hatte einen Sohn, der schon zwei Jahre in diese Schule ging. Als ich ihm sagte, wer mein Klassenvorstand war, meinte er "hart aber gerecht". Damit konnte ich leben. Jenen Lehrer, man sagte damals aber Professor, habe ich die meiste Zeit sehr verehrt, ja vielleicht geliebt. Ich litt dann unter der ungerechten Behandlung, die er einem Mitschüler angedeihen ließ. In der Maturazeitung rächte ich mich dann mit einem Artikel, in dem ich dieses Fehlverhalten Revue passieren ließ, was das Verhältnis zwischen uns naturgemäß trübte. Leider ist er gestorben, bevor wir unsere Maturafeiern wieder zu feiern pflegten.

Vollkommen neu war der im Gymnasium gepflegte Brauch des Buchhandels. Die Schüler der höheren Klassen kamen mit ihren Schulbüchern, die sie verkauften. In der ersten Klasse musste man sich alles erst einmal erwerben. Auch meine Eltern sahen es gerne, dass sie nichts neu kaufen mussten. So war der "Antiquariatshandel" in den ersten Schultagen noch gesellschaftlich höher angesehen, als hätte man die Bücher von der Schülerlade beziehen müssen. Ich glaube, dass damals meine Lust geweckt wurde, Bücher zu kaufen. Auch heute darf ich mich nicht in ein Antiquariat trauen. Ich komme nicht ohne Bücher um mindestens 100€ oder mindestens 10kg heraus. Es gibt einfach zu viel schöne Bücher.
Und die Schulbücher empfand ich als schön.

Ein hervorstechendes Erlebnis in meinem ersten Gymnasiumsjahr war der Umstand, dass ich fast von der Schule geflogen wäre. Die Begleitumstände waren etwas sonderbar. Wir hatten einen Deutschprofessor, dessen Stunden durch eine eigenartige Einteilung bestimmt waren. Mindestens dreißig Minuten bis manchmal bis zur ganzen Unterrichtsstunde gingen dafür auf, dass die ausgeteilten Strafen eingesammelt wurden. Dafür gab es einen Strafenaufschreiber, der Buch führen musste. Allfälliges Tratschen, Unaufmerksamkeit oder was auch immer wurde mit "zwei Seiten", "Nacherzählung", "eine Seite" in trockenem Ton kommentiert. Hatte jemand seine Strafarbeit nicht gemacht, gab es einen Zinsaufschlag. Dadurch kam es zu einem regelrechten Handel mit dem Strafaufschreiber. "Geh, nimm mich erst am Schluss!" Dann bestand die Chance, dass die Liste gar nicht erst ganz abgearbeitet werden konnte.
Irgendwann hatte es mich erwischt und faul wie ich war, hatte ich die Strafe nicht vorrätig. Zinsaufschlag. Beim zweiten oder dritten Versäumnis gab es dann die Unterschrift der Eltern zu erbringen. Nachdem ich zweimal erfolgreich, wie ich glaubte, die Unterschrift meines Vaters gefälscht hatte, gab es eine Vorladung. Mit dem Vater vor dem Direktor. Ich war zwar ein guter Schüler, doch der Direktor polterte herum und drohte, mich von der Schule entfernen zu lassen. Dass da ja nicht noch etwas passieren würde. In dem mittleren Trimester bekam ich eine Drei in Betragen, was so ziemlich die schlimmste Note diesbezüglich ist.
Jetzt kommt aber der Treppenwitz der Geschichte. In der sechsten Klasse erlitt jener Deutschprofessor einen Schlaganfall mitten in einer Unterrichtsstunde bei uns. Mit sechszehn Jahren waren wir aber verständig genug, rasch zu reagieren und er konnte zumindest unmittelbar noch aufgefangen werden. Als er dann ein Jahr später starb, erfuhren wir von unserem Klassenvorstand, dass wir seine Lieblingsklasse gewesen waren. Und ich sei sein Lieblingsschüler gewesen. Im Zuge des Fasthinauswurfs mutet das schon etwas sonderbar an.

Geschadet hat mir diese Geschichte nicht. Ich hatte zwar in der ersten Klasse Gymnasium keinen Vorzug. Den hatte ich dann allerdings in allen anderen Klassen bis zum 1.0-Maturaschnitt. Die Betragensnote blieb aber konstant auf zwei. Ich wurde auch nie als Streber apostrophiert. Kurz nach der Geschichte lernte ich aber meinen langjährig besten Schulfreund näher kennen und dieser hatte einen extrem guten Einfluss auf mich. Aus guter Bürgerfamilie stammend, besaß er eine elektrische Eisenbahn, (Märklin) dich mich magisch anzog. Außerdem nahm er Klavierstunden - in der Musikschule. Das war nun auch der Anlass, dass meine Eltern mich dort unterzubringen versuchten. Das war schließlich viel billiger als die einzel bezahlten Klavierstunden, bei einer Lehrerin, die mir sowieso nichts beibringen konnte. In der Musikschule lernte ich meinen Lehrer für die nächsten acht Jahre kennen, über den ich gesondert schreiben möchte. Hier möchte ich ihn nur als wundervollen Musiker, Musiktheoretiker, Musikliebhaber und Komponist einführen.

Zu Ende des Schuljahres 1961-1962 war ich etabliert. Die Unbillen des zweiten Trimesters waren überstanden. Ich hatte in meinem ersten Schülerkonzert gespielt. Und ich hatte einen folgenschweren Entschluss gefasst: ich würde kein Pianist werden. Als ich nämlich am Konservatorium auf einem echten Bösendorfer spielen durfte und nicht den Klang hervorbringen konnte, den ich sonst im Radio im Ohr hatte, schloss ich, dass ich nicht ausreichend begabt dafür war. Wenn ich nicht den Klang erzeugen konnte, den ich innerlich hörte, war das professionelle Klavierspiel nicht meine Berufung.
Als ich viel, viel später in meinem Leben mit Bösendorfer beruflich in Berührung kam, bekam ich Komplimente über meinen Anschlag. Trotzdem habe ich die Entscheidung, die ich damals traf, nie bereut.

Jetzt gibt es in meinem Umfeld ja viele Menschen, die auch ihm Jahr 1961 einiges Bemerkenswertes erlebt haben. So war meine Schwester als Austauschstudentin in Amerika und die Geschenke, die sie uns und mir nach Wien schickte, haben damals erstmalig etwas von amerikanischem "Kulturgut" anklingen lassen. 1961 war das Jahr des J.F. Kennedy, der mir - obwohl sehr unpolitisch - Eindruck machte. Das Treffen zwischen Kennedy und Chrustschov machte mir großen Eindruck, auch wenn dieser vielleicht eher meine snobistische Ader förderte. Einmal wollte ich auch ins Imperial-Hotel. Ja, das habe ich viel später noch oft geschafft. Interviews mit Fritz Gulda wollte dieser am liebsten im Imperial_Cafe abgehalten haben. Und eine Bösendorfer-Verkaufskonferenz mit allen Händlern (ca. 160 weltweit) hielten wir im Imperial ab.

Und so schließe ich das Jahr 1961 mit einer quintessentiellen Zusammenfassung meines Innenlebens. Ich glaube, damals wurde meine Haltung geprägt: "ich will auch ..." Und seither versuche ich diese Haltung zu reduzieren. Es ist mir recht gut gelungen, weil ich heute sagen kann "ich habe einmal ..." Auf diese Weise bin ich jetzt mit so vielem zufrieden, dass mir Leute vorwerfen, dass ich zuwenig an die Zukunft denke. Für all die kann ich nur sagen, dass ich eine bestimmte Resignation schon früher hatte. Dann gab es wieder etwas, was mich beisterte, und das Hamsterrad fing sich von neuem an zu drehen.
Aber es ist schön, dankbar und zufrieden sein zu können.
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pathologe - 11. Okt, 15:35

Eine

Tochter nehme ich Ihnen für 1961 noch nicht ab. Ansonsten kann ich bei 1961 aber nicht mitreden, das war noch vor meiner Zeit.

steppenhund - 11. Okt, 15:38

Danke für die Aufmerksamkeit. Ich wollte ja "mit ihrer Tochter" schreiben, habe es jetzt aber auf Schwester geändert.
rosenherz - 14. Okt, 21:24

Mir drängen sich noch ein paar Fragen auf.
Hast du es tatsächlich zu keinem späteren Zeitpunkt bedauert oder bereut, wie du dich in jungen Jahren entschieden hast? Etwa um den 40er herum, wenn wir gewöhnlicherweise anfangen zurückzuschauen auf unser bishriges Leben?
Waren die Schulbücher schöner, ich meine ästhetischer, als die jetzigen? Hast du (auch) das Biologiebuch aufbewahrt bis heute?
Wieso konnte dir die Klavierlehrerin soweiso nichts beibringen? Warst du schon über dem Nievau der Lehrerin?

steppenhund - 14. Okt, 23:53

Was das Klavierspielen angeht, habe ich mich zwar manchmal etwas leid gesehen, doch bereut habe ich den Entschluss nie. Vor allem dann nicht, als ich gesehen habe, wie schwer wenn nicht unmöglich es ist, an die Spitze zu kommen. Mit vierzig hatte ich ja recht aufschlussreichen Einblick in die Musikszene und ich habe mich an die Worte meines Vaters erinnert. Wenn du nur Musik machen kannst, mach Musik. Wenn du noch etwas Anderes kannst, mach das Andere und bewahre dir die Musik als Hobby. Das kann ich heute noch als einen sehr weisen Rat ansehen.
Schöner waren die Schulbücher vermutlich nicht. Material und Fotos waren sicher schlechter als heute. Aber sie waren für mich wertvoller als Gratisbücher. Bei den meisten Büchern steckte die Erinnerung, wie ich sie erworben hatte, drin.
Ich war keinesfalls über dem Niveau der Lehrerin. Ich war sogar ziemlich schlecht, was das übliche Pensum anging. Sie unterrichtete halt nach dem üblichen Lehrplan: Tonleitern, Czerny, Bach-Invention, ein kleines Schumann-Stückchen. Das ist der allgemein verfolgte Lehrplan.
Das musste ich bei meinem Klavierlehrer dann auch machen. Aber gleichzeitig wurde für das Jahreskonzert eine Beethoven-Sonate geübt, später Prokofiev, Boris Blacher, Bela Bartok. Wenn ich etwas gerne spielte wollte, durfte ich das, wenn es nicht wirklich über meine Verhältnisse war. Doch vor allem konnte er mir die Musik in den Stücken erklären und tat es. Das fehlte bei der Klavierlehrerin.
Die Klavierlehrerin tat es, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Mein Klavierlehrer lebte Musik. Da ist ein großer Unterschied dazwischen.
Ich habe mich Zeit meines Lebens für Menschen begeistert, die selbst von einer Sache begeistert waren. Solche Menschen werden dann vielleicht einmal zynisch und ironisch, doch nie wirklich aggressiv. Deswegen mag ich einen Erwin Chargaff, während ich Reich-Ranitzky ablehne. Meine Haltung muss nicht unbedingt die richtige sein, doch ich stehe dazu.
Nachtrag: mein Klavierlehrer spielte mir auch die Tonleitern so vor, dass ich Lust bekam, sie zu üben. Daraus kann man ersehen, dass es nicht dasselbe ist, wenn zwei das Gleiche machen.
rosenherz - 15. Okt, 23:44

Schulbücher von früher nicht schöner, nicht besser? Ich kann das kaum glauben. In meinem Buchregal habe ich ein paar alte Schulbücher stehen, die ich als schöner empfinde, im Vergleich zu dem, was heutzutage den Kindern zugemutet wird. Manche stammen aus meiner Schulzeit, manche sind noch älter.
In einem Deutschbuch aus der Volksschule sind die (wenigen) Bilder zwar schon farbig, doch sie sind handgemalt, und sehen teilweise aus wie Aquarelle. Ich finde dies einfach schön. Schöner als Fotografien, die die Realität detailgenau abbilden. Ästhetischer für mein Empfinden. Vielleicht auch deswegen, weil sie der Phantasie mehr Raum ließen, zu einem Zeitpunkt, zu dem wir als Kind noch so eng mit der "Welt als Raum der Phantasie" verbunden sind.


Wie schön: der Klavierlehrer lebte die Musik!
Und: Mit Erwin Chargaff hast du mich zu begeistern verstanden.
Dazu noch: Deinen Schlusssatz finde ich wunderbar. Ich muss dabei an meinen Großvater denken. Er hatte aufgrund einer Kinderlähmung ein verkümmertes Bein behalten und aufgrund seiner körperlichen Beeinträchtigung sich bevorzugt in der Werkstatt aufgehalten. Dort arbeitet er mit Holz, er band Besen aus Birkenreisig, oder er zimmerte hölzerne Leitern, die weithin gefragt waren, bevor die Alu-Leiter erfunden wurde. Wie er an seinen Werkstücken arbeitete mag jenem Klavierlehrer gleichen, der die Musik lebte.


Danke Steppenhund.
Falkin - 15. Okt, 07:43

Ui. Sehr schön. Gut zu lesen und natürlich mein Bild von Ihnen angenehm vervollständigend. Wird es eine Fortsetzung geben?

"Ich will" ist die Zauberformel guten Gelingens, welches sich mit "hätte, möchte, könnte" nur schwerlich realisieren lässt. Zumindest meine Erfahrung.

Jossele - 15. Okt, 15:47

Da kann ich nicht mithalten, also mit dem historischem Jahr, weil da war ich grad vorschulisch das letzte Jahr im Kindergarten.

Allerdings, auf der G´stettn in der Hadikgasse, damals wie der Boden von dem Haus eingebrochen ist, wo wir doch grad Mutprobe hatten (also nicht vom Kindergarten aus, war doch erst nachmittag Straße), da hat sich der Herbert ein Bein gebrochen, und wir haben Watschen gekriegt.

61 war der Wienfluß auch noch voller Schneeräumschnee, wo man herrliche Hölen bauen konnte, und, sofern sie nicht grad über dir eingebrochen sind, eine von Vaters entwendeten Zigaretten rauchen konnte, um daraufhin wieder Watschen zu bekommen.

61 war die große Schlacht zwischen Penzingerstraße Gerade und Penzingerstraße Ungerade, quasi zwei Straßenseiten (Ungerade hat gesiegt, und das sage ich nicht ohne Stolz, weil ich war auf 151).
Der Gemeindebau vis a vis hatte zwar Vorteile, weil es waren mehr, aber wir waren fieser. Im Kanal beim Wienfluß, nahe der Hietzinger Brücke (die hieß damals noch nicht Kennedy Brücke) haben wir, mit ein paar Blessuren, heldenhaft gesiegt, und daheim Watschen bekommen, waren doch ein paar Hosen nicht mehr so wie sie sein sollten.

61 habe ich Kohlen austragen geholfen bei meinem Großvater in der Pafradgasse, noch nicht die Fünfzigkilosäcke Stein oder Braun, no na, aber die Zehnkilobrikettssackerln. Trinkgeld wurde von Opapa einbehalten.

61 war rundherum schön, weil es war einfach so.

Den letzten Absatz kann ich uneingeschränkt bestätigen.

rosenherz - 16. Okt, 16:45

61? da kann ich nicht mit eigenen Erfahrungen dienen. In diesem Jahr haben sich noch nicht einmal meine Eltern gekannt.
Ich weiß allerdings aus mündlicher Überlieferung, dass 61 die Agrapolitik bestrebt war, das Arbeitspferd in der Landwirtschaft abzuschaffen. Noch mit dem Pferd zu arbeiten, wurde in den Fachzeitschriften offen als rückständig bezeichnet. Dafür wurden Traktor und Kunstdünger forciert.
61? Die Steyr-Werke haben zuvor (1960) gerade ihre Pionierideeen auf den Markt gebracht, wie z. B. schnell laufende Dieselmotoren, Wendegetriebe, Motorzapfwelle, Planetenhinterachse und Regelhydraulik. Und es gab eine enge Verflechtung von Agrarpolitik, Steyr-Werken und Maschinenhandel, um sich gegen Konkurrenten aus Tirol oder dem Ausland abzuschotten.

61, da hat mein Vater den ersten Mähdrescher angekauft, der ein Vermögen gekostet hat. Es war der erste Mähdrescher in der Gegend. Da war mein Vater so etwas wie ein Pionier in der aufstrebenden Nachkriegslandwirtschaft. Und es war eine mörderisch staubige Arbeit, der feine kratzige Getreidestaub frass sich in die Atemwege, und die Sommerhitze und der Schweiß unter den Kleidern taten ihr übriges. Damals gab es noch keine abgeschlossenen Kabinen, in denen der Fahrer klimatisiert (wie heutzutage) und geschützt sitzen konnte.
Auf alten Fotos sehe ich, dass mein Vater sogar stehend am Mädrescher gefahren ist, um ausreichend Sicht nach unten zu haben auf das Mähwerk, das sich in die Halme frass. Und wie oft war das Unkraut so dicht in Getreide gewachsen, dass es die Maschine abwürgte! Dann musste erst einmal abgestellt werden und das ganze Gewurschtl mühsam von Hand aus dem Mähwerk gerupft werden.
Mit dem Mähdrescher ist er weit herumgekommen, er ist damit von Dorf zu Dorf gefahren.
Teresa HzW - 16. Okt, 12:38

Oh, wie schön, dass ich Sie, lieber Steppenhund, mit dem 1.9.6.1.-Text zu eigenen Erinnerungen inspirierte! Da war ich heute Morgen richtig geplättet, als ich das Ihre hier entdeckte und Ihren Text wie auch die Erinnerungen der Kommentator-innen hier las.
Interessant, welche Menschen, Ereignisse und Handlungen, das bei Ihnen in den Mittelpunkt rückt.
Ich bin auch schon gespannt darauf, wie es bei Ihnen weiter geht :-)

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