29
Jan
2011

Dumme Fragen

"Es gibt keine dummen Fragen." ist eine stolz hervorgebrachte Aussagen, mit denen sich oft auch Leute brüsten, die selbst an sich nicht dumm sind. Sie wollen damit den Intellektuellen eins vor den Latz knallen und letztlich handelt es sich um etwas wie den Versuch eines geistigen Kommunismus.
Ich habe in einem anderen Blog das Beispiel einer dummen Frage gegeben:
"Wen hast Du lieber, die Oma oder den Opa." Das zählt für mich für den Prototyp der "dummen Frage". Häufig von Onkel, Tanten und entfernteren Verwandten, möglicherweise noch in Babysprache, gestellt.
Manche Fragen können dumm sein, genauso gut aber auch nicht-dumm.
Beispiel: jemand hat kurzfristig ein drei-buchstabiges Akronym vergessen. Es fällt ihm einfach nicht ein. Er fragt, bitte was heißt UML?
Das ist keine dumme Frage. Sie kürzt nur einen Prozess ab. Und jeder kann einmal etwas vergessen. Wird die Frage am dritten Tag eines dreitägigen Seminars gestellt, an dem fortlaufend von UML gesprochen wurde, ist sie auch noch nicht dumm. Doch wenn sie mit dem Tonfall der größten Überraschung gestellt wird: "Was heißt denn überhaupt UML?" und der Betreffende für nicht verantwortliche Tätigkeit ein Gehalt bekommt, um dass ihn 90% der Österreicher beneiden würden, so halte ich sie für dumm. Sie gibt nämlich Aufschluss darüber, dass er a) uninteressiert ist, b) nicht aufgepasst hat, c) jede Möglichkeit zur Weiterbildung auslässt (eine Zeitschrift im Jahr würde schon reichen), d) sich unkritisch berieseln lässt, e) nicht mitdenkt UND ZULETZT gegen seine Interessen handelt.
In dem Fall ist die Verteidigung der "Es gibt keine dummen Fragen"-Gutmenschen meistens: "Das ist doch ehrlich, wenn er zugibt, wenn er es nicht weiß.
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Jetzt ist Kommunikation eine der wichtigsten Dinge für den Menschen. Und dazu gehören Fragen. In der Kommunikation empfiehlt es sich auch taktvoll zu sein. Mit Taktlosigkeit kann man mehr zerstören als an Kommunikation aufzubauen ist.
Wenn mich jemand fragt, "sag, hast Du wieder zugenommen?" dann bedaurere ich meinen Zustand und sage "ja, leider haben mich die Feiertage und die Reise danach mit bestem Essen um 4 kg schwerer gemacht." Ich bin nicht beleidigt und leide auch nicht darunter.
Ich kann mir vorstellen, dass die gleiche Frage bei einer Frau, die gerade mit einer schmerzlichen Diät 10kg abgenommen hat, - aber trotzdem noch weit über ihrem Idealgewicht liegt - verletzend wahrgenommen wird.
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Sätze und Fragen sind in einer Kommunikation so etwas wie Züge in einem Schachspiel. Du Kunst bei Schach und auch körperlichen Kampfsportarten besteht auch darin, dass man den anderen nicht dazu zwingt, "den für mich unangenehmsten Zug" zu machen. Eine Herausforderung, der nur in einer Weise begegnet werden kann, und zwar einer, die mir schadet, ist dumm oder zumindest unklug. Manchmal macht man das, weil man es nicht rechtzeitig erkennt. Das ist dann nicht dumm sondern eher ein Pech, dass man es nicht besser machen kann.
Wenn man aber das Gleiche aus einer gewissen Trotzhaltung heraus macht, - und schon weiß, dass die Gefahr besteht, - dann ist es dumm.
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Dazu stehe ich, auch wenn manche meinen: "Na, der ist dumm, wenn er glaubt, dass es dumme Fragen gibt!"
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katiza - 29. Jan, 10:05

Die Frage: "Wen hast du lieber Oma oder Opa?" halte ich nicht für dumm nur für schwer zu beantworten - meistens hat das Kind eine, einen der beiden leiben, will, darf, soll nicht kränken und ich bin soweit Gutmensch, dass mir lieber ist jemand stellt eine "dumme Frage" als der- oder diejenige tut so als wüsste er oder sie Bescheid. Beim oben genannten "Was heißt denn überhaupt UML?"-Beispiel handelt es sich wohl eher um eine rhetorische Frage, vielleicht ungut im Tonfall, ich weiß aber jedenfalls das Fragen mehr zu schätzen...

steppenhund - 29. Jan, 10:19

Aber das Kind soll mit der Aufgabe fertig werden, wie es sich eine nichtkränkende Antwort zurecht legt. Nein. Tut mir leid, da bin ich anscheinend zu radikal.
Und UML muss man nicht wissen. Nicht dann, wenn man ein mit 4500€ 15 mal im Monat bezahlter Programmierer ist, der unabhängig davon, dass ihm die Information bereits hinten hinein geschoben wird, auch sonst kein Interesse für seinen Beruf zu haben scheint.
Auch da bin ich radikal.
Ich bin nur dann geduldig, wenn jemand nichts kann, nichts weiß, aber lernen und verstehen will. Dann können so viel "dumme Fragen", die dann wirklich keine sind, gestellt werden. Und langsam sieht man anhand der veränderten Fragen, dass Verständnis erreicht wird.
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Natürlich ist mir Fragen lieber, ich weiß woran ich bin. Aber ob das für den Betreffenden so gut ist, steht auf einem anderen Kapitel, wenn ich sein Chef sein sollte.
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Ich freue mich ja darüber, dass ich selber mit Chefs zusammen arbeiten durfte, die das ähnlich gesehen haben.
Zweimal durfte man fragen. Wenn sich dieselbe Frage drei mal wiederholt hat, durfte der Betreffende am 23.12. des Jahres mit seiner Kündigung rechnen. Und der Chef hat 23 Jahre die Firma geführt, sie aus dem Konkurs heraus geholt und dann 22 Jahre lang Gewinn gemacht, während sämtliche Nachfolger dann die Firma kaputt gemacht haben.
la-mamma - 29. Jan, 11:09

zum vorletzten absatz: etwas, das ich auch erst mühsam gelernt habe, ist aber auch, dass ich nicht jede frage beantworten muss. insofern hab ich deinen gedanken für mich gleich auch umformuliert, dass man den anderen nicht "zum unangenehmsten zwingen" sollte. und sei es nur durch eine unüberlegte frage.

steppenhund - 29. Jan, 11:12

Ich fühle mich verstanden...
Jossele - 29. Jan, 12:38

Ich oute mich hierorts als dumm,
denn ich glaube sehr wohl, dass es dumme Fragen gibt.
Einige wenige ihres Inhaltes wegen, und sehr viele der Situation wegen in der sie gestellt werden, und wie (wie oben bereits ausführlich geschildert).
Keine Frage steht ohne Bezugspunkte im Raum, sie richtet sich von an jemand.

Und wie ebenfalls bereits trefflich erwähnt, Antwort ist kein Muss.

steppenhund - 29. Jan, 13:02

Ich muss Sie enttäuschen, damit haben Sie sich noch lange nicht als dumm qualifiziert. Sehr bedauerlich, ts,ts,ts:)
Jossele - 29. Jan, 17:48

Na geh, jetzt hab ich mich grad gefreut, endlich irgendwo dazu zu gehören.
steppenhund - 29. Jan, 17:57

Na schon, aber nicht zu den Dummen! ;)
Allenfalls zu den Kreativen - schmunzel...
Jossele - 29. Jan, 18:56

Wiewohl dies mein Ego salbt, das "Schmunzel" gibt mir doch zu denken.
walhalladada - 29. Jan, 13:46

Warum bloggst Du?

steppenhund - 29. Jan, 14:51

Die Antwort zu dieser Frage bitte dort heraussuchen. Sie steckt im längsten Kommentar.
walküre - 29. Jan, 15:15

Die Frage, wen ein Kind lieber hat, ist nicht nur dumm, sondern geradezu niederträchtig (überhaupt ist die Niedertracht recht nahe neben der Dummheit zu finden), denn damit ruft man hervor, was in vielen Teilen Asiens als große Schmach gilt, nämlich, dass jemand (=das Kind) sehr wahrscheinlich sein Gesicht verliert, zumal diese Frage ja meist vor versammelter Verwandtschaft gestellt wird.

Dummheit hat nach meiner persönlichen Definiton übrigens rein gar nichts mit mangelnder Bildung zu tun (mit mangelndem Bildungswillen schon eher, weil der oft aus dem Eck einer gewissen Überheblichkeit kommt), sondern setzt sich aus einem Mangel aus Herz und Hausverstand zusammen.

steppenhund - 29. Jan, 17:21

MIt dem ersten Absatz bin ich natürlich höchst einverstanden.
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Wir haben das Thema heute beim Mittagstisch diskutiert. Mein Sohn hat dabei einen interessanten Aspekt eingebracht, den ich schon mit erwähnen muss, weil ich offensichtlich etwas impliziere, was man mir nicht "automatisch" unterstellt.
Nicht eine Frage an sich ist dumm oder nicht, sondern zur Frage gehört auch der Kontext: von wem wird sie gestellt, an wen wird sie gestellt, wie oft wird sie gestellt, in welchem zeitlichen Ablauf wird sie gestellt, usw. Es gibt als eine ganze Reihe von Konditionen, die aus einer Ansammlung von Worten, die mit einem Fragezeichen beendet werden, erst eine dumme Frage stellen.
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Die Häufigkeit der Wiederholung ist übrigens kein Gradmesser, ob eine Frage als dumm anzusehen ist.
Dies wird an einem meiner Lieblingsfilme dargestellt, der dort angezeigt wird.
Und wenn an der Pädak gelehrt wird, dass "es keine dummen Fragen gibt", kann ich das auch akzeptieren, denn da wird ja ein bestimmter Lebensbereich angesprochen und eingegrenzt. Den habe ich ja auch in meinen Antworten bereits angesprochen.
walküre - 29. Jan, 18:15

Bei der Pädak kommt dann ein interessanter Aspekt zum Tragen, nämlich jener, dass Kinder tatsächlich nur äußerst selten dumme Fragen stellen, sondern oft solche, die - ihren Sinn nach, nicht aus einer bewussten Absicht des Kindes heraus - Erwachsene eigentlich zum Nachdenken bringen sollten. Diese vermeintlichen Erwachsenen haben aber auch heute noch meist nichts besseres zu tun als dem Kind zu verstehen zu geben, es solle nicht so dumme Fragen stellen.
steppenhund - 29. Jan, 19:15

Deswegen sehe ich in diesem Fall ja die Aussage "es gibt keine dummen Fragen" als richtig an.
Jossele - 29. Jan, 20:12

Dummheit ist etwas das Kinder eher selten widerfährt, zumindest bis zu einem gewissen Alter (Wobei, da wäre dann die Frage nebensächlicher als das Wohin).
katiza - 30. Jan, 08:39

Oh ja - das ist das wichtigste: die Frage an sich ist nicht dumm, der Kontext ist entschiedend, das wollte ich ausdrücken!
dus - 1. Feb, 11:12

zitat:

"Wen hast Du lieber, die Oma oder den Opa."

das ist keine frage. da steht auch kein fragezeichen.

ehrlicher wäre die "frage" so:

"Wen hasst Du lieber, die Oma oder den Opa."



mfg dus, ganz empfindlich mit fragen, die keine fragen sind

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