29
Jul
2012

1984

Wenn jemand die Auswirkungen amerikanischer Überheblichkeit (oder vielleicht auch Schuldbewusstsein) sehen will, möge er oder sie einmal Google-Maps aufsuchen und mit den Bewegungszeigern in Richtungen Serbien gehen.
In einer Vergrößerung, in der man noch Serbien in seiner Gesamtheit sehen kann, fehlt interessanterweise die Stadt Belgrad. Auch wenn man hineinzoomt, findet man Novisad, Subotica oder Nis, doch von Belgrad keine Spur. Vor allem nicht dort, wo man es beim Zusammenfluss von Donau und Sava vermuten würde.
Bei der nächsten Vergrößerung taucht auf einmal Zemun auf, was einmal der von Österreichern besetzte Teil Belgrads war. (So quasi das Döbling von Wien)
Erst bei weiterer Vergrößerung findet sich der Name Belgrad an der richtigen Stelle in einem sehr kleinen Font.
Jetzt ist Belgrad nicht nur die nach Einwohnern größte Stadt Serbiens, es ist auch die Hauptstadt.
Warum wird diese Stadt von Google so stiefmütterlich behandelt? Ich kann es mir nur so erklären, dass die Sieger die Geschichte schreiben und die Amerikaner vergessen wollen, dass sie Serbien mit radioaktiver Munition beschossen haben.
Es ist vielleicht ein kleines Thema. Aber ich habe gedacht, dass ich spinne, weil ich den Namen der Stadt nicht so vorfand, wie ich es bei anderen gleich großen Städten erlebe.

Gibt es da irgendeine rationelle Erklärung, die nicht ein absolut schlechtes Bild auf die Amerikaner wirft?
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Jossele - 29. Jul, 19:19

Für sehr viele Amerikaner hüpfen in Austria ja auch noch Kängurus herum, also was soll´s?

Serbien, als Staat, hatte damals nicht Unschuld an Agressivitäten, was natürlich den Einsatz illegitimer Mittel auf keiner Seite rechtfertigt.
"Serbien" war ja damals nicht wirklich Opfer. Aber was ist Serbien?
Geschichte schreiben vorerst einmal die Sieger. Das war von Dresden über Armenien, Palästina bis hin zu den Kurden so.

Eine mögliche Erklärung an der fehlenden Präsenz von Belgrad ist vermutlich heute Ignoranz, mehr nicht.

steppenhund - 30. Jul, 10:17

Ignoranz und möglicherweise zieht auch die Erklärung von David.
-
"Die Serben" insgesamt als mitschuldig zu erklären, kann es nicht ganz treffen. Milosevic hatte vielleich 50% der Serben hinter sich. Die anderen waren entsetzt aber konnten nichts bewirken. Und sie beklagen zu recht, dass M sie in die Steinzeit zurückbomben hat lassen.

Aber ein pauschales "Die Serben" würde sehr stark auf uns zurückfeuern. Wir sind alles Kinder von "den Nazis" und da sollte es doch auch so etwas wie Sippenhaftung geben.
david ramirer - 30. Jul, 11:21

bei den Nazis gab es sippenhaftung, ja.
es tut gut, das in der vergangenheitsform hinzuschreiben.
Jossele - 30. Jul, 18:51

Drum hab ich ja geschrieben "Serbien als Staat", und gemeint waren selbstverständlich in erster Linie die Regierenden als Staatsträger, die es einigen Menschen sehr leicht gemacht haben, sehr viel Unrecht zu tun.
Das gilt selbstverständlich auch für andere beteiligte Staaten an jenem Konflikt.
Das war von keiner Seite ein "sauberer" Krieg.
(Aber in deinem Artikel ging es halt um Serbien)

Ich bin absolut gegen Sippenhaftung.
Gregor Keuschnig - 30. Jul, 08:30

Ich vermute, die Stadt wurde nicht "vermessen", d. h. nicht erfasst. Man war 1999 derart mit dem Bombardieren beschäftigt, dass man vergessen hat, die Bilder weiterzugeben...

steppenhund - 30. Jul, 10:11

Das würde heißen, dass auch eine Rechnung von 2*2 heute nicht mehr ausgeführt werden kann, weil für den Taschenrechner die Batterien gefehlt haben.
Irgendwie mutet es mich komisch an, dass ich als 10-Jähriger alle Hauptstädte Europas kannte, weil es da ein gutes Kinderspiel gab. Immerhin sind auch die Amerikaner stolz darauf, wenn sie alle 50 Staaten mit ihren Hauptstädten aufzählen können, obwohl ich bezweifle, dass das heute noch mehr als 5% der Amerikaner können.
Gregor Keuschnig - 30. Jul, 10:47

Naja, ich vermute david ramirers Beschreibung trifft es. Und dass man Slowakei mit Slowenien verwechselt, passiert längst nicht nur Amerikanern.
david ramirer - 30. Jul, 09:03

meine vermutung/erklärung:

die amerikaner in der firma google stützen sich auf verfügbares und wohl auch möglichst günstig zugängliches karten- und satelitenfotomaterial. ich glaube nicht, dass google politisch motivierte reduktionen irgendwelcher art vornimmt, eher ist anzunehmen, dass aus belgrad selbst hier einschränkungen nach außen eine vernünftige erfassung erschweren.
belgrad ist übrigens nicht die einzige reduzierte kartenfläche: wenn man das amazonasgebiet im detail betrachtet fällt auf, dass sich sehr alte satelitenaufnahmen mit neuen mischen - und das hat natürlich auch auf die kartenqualität eine auswirkung.

überdies: google bietet seine karten absolut gratis an! von einem gratisdienst sollte man nicht unbedingt 100%ige verlässlichkeit erwarten...

steppenhund - 30. Jul, 10:09

100% Verlässlichkeit erwarte ich ja gar nicht. aber ich frage mich, wie das sein kann, dass es niemandem auffällt.
Wo die chinesische Botschaft in Belgrad war, haben die Amerikaner ja offensichtlich gewusst;)
david ramirer - 30. Jul, 10:23

na dir fällt es ja z.b. auf - und du bist ja keinesfalls niemand ;)

google representiert für mich nicht unbedingt amerika - es wäre ja auch interessant, wie belgrad bei anderen map-diensten rüberkommt...
bonanzaMARGOT - 30. Jul, 11:53

wenn ich bei maps.google.com belgrad eingebe, wird richtig beograd angezeigt ...

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