21
Jun
2014

Hommage an ein anderes Blog

Einen guten Text kann man vielleicht daran erkennen, dass er die eigenen Erinnerungen hervorruft. So ein Text findet sich in Palkos Blog, dessen Gedanken etwas tiefsinniger daher kommen, als man es in der Regel gewohnt ist.
Bevor meine LeserInnen hier weiterlesen, sollten sie dem Link folgen, er beinhaltet Pointen, die man sonst nur bei der Tante Jolesch findet.

Der Autor beschreibt etwas, was sich wirklich bald nur mehr in der Geschichte finden wird. Ich selbst hatte unlängst ein ziemlich unerfreuliches Erlebnis im Café Imperial, das durch den Umbau nichts gewonnen hat. Aber das ist ein anderes Kapitel und auch ein anderes Genre.
Im Gegensatz zu Palko durfte ich mich nicht zum "Inventar" des Old Vienna zählen. Ich hoffe, er wird diese Geschichte noch nachtragen, sie ist einfach zu großartig um in Vergessenheit zu geraten. Ich werde sie allerdings hier nicht verraten.
Ich selbst war Stammgast im Old Vienna und ich möchte einige Erinnerungen des gewöhnlichen Gastes beitragen. Ich glaube, es ist nicht erwähnt worden, dass im Old Vienna auch Schach-Turnierpartien gespielt wurden. Es gab also nicht nur die üblichen Kaffeehaus-Spiele, bei denen man sich aus 3 Sets 2 vollständige Figurengruppen zusammen setzen muss. Die besseren Spieler bekamen auch gute Spielbretter und Schachuhren, die nicht kurz vorm Zusammenbrechen waren. Man muss es allerdings erlebt haben, was Schachuhren in Kaffeehäusern aushalten müssen. Die geballte Faust fällt hernieder um sich dann kurz vor Betätigung des Uhrenknopfes noch zu entfausten, um ja den Knopf zielgerecht zu erfassen. Das knallt recht schön und wird durch "Ich dir geben, Du Wurzen" akustisch untermalt.
Es wäre zu erwähnen, dass derartige Verbalandrohungen oft nur den kommenden Verlust zu kompensieren hatten und von Spielern wie Kibitzen eher lächeln hingenommen wurden.
Jetzt muss man wissen, dass neben den Arbeitslosen, die oft ausgezeichnet Bridge spielten und sich als Bridgepartner ein Zubrot verdienen konnten, auch Schachmeister im Old Vienna verkehrten. Niki Stanec mehrfacher österreichischer Staatsmeister konnte dort gesehen werden, wie auch Lendvai und andere Spieler mit einer Elozahl von über 2400, was in den Neunzigerjahren sehr stark war.
In der Regel kamen sie mit Kollegen zusammen und analysierten eine Partie, meistens ihre letzte. Sie nahmen es nicht übel, wenn ich an den Analysen mit aberwitzigen Einfällen teilnahm. Niki forderte mich einmal zum Spiel auf, was ich ablehnte, weil es sinnlos gewesen wäre. (Allerdings habe ich in einem anderen Lokal tatsächlich einmal eine Partie gegen ihn gespielt.)
Sogar Eva Moser, spätere Staatsmeisterin, soll sich im Old Vienna ihre ersten Sporen verdient haben. Sie habe ich allerdings nie persönlich angetroffen.
Sehr erfreut war ich allerdings, als ein Pensionist im Old Vienna auftauchte. Rudi war vorher hauptsächlich im Kaffee Museum anzutreffen, wo er sich mit Schach ein kleines Taschengeld verdiente. Vielleicht auch ein großes, ich weiß es nicht. Er hatte eine Anstellung bei der Wr. Staatsoper und verbrachte seine Pausen im Museum. Auch das Café Museum hat durch den Umbau nichts an Freundlichkeit gewonnen und die Schachspieler verloren sich.
Rudi, dessen Spiel ich bewunderte, freute sich, wenn er mich sah. Er überlegte meistens kurz: "Ich habe da etwas für dich." Dann stellte er mir ein Schachproblem auf. Manche Menschen sehen gerne Krimis, für andere wieder ist ein gutes Schachproblem eine Köstlichkeit. Und Rudi hatte die besten Probleme. Manchmal fand er sie in den Schachzeitungen, aber er musste noch weitere Quellen haben. Zum damaligen Zeitpunkt war ich nicht ganz schlecht im Lösen und konnte mir eine Achtung nicht nur bei Rudi sondern auch bei Niki erringen, wenn er sah, dass ich einen schwierigen Vierzüger in 20 Minuten lösen konnte.
Aber als Gast profitierte ich noch mehr von den Bridge-Spielern. Ich sah oft zu, wenn die Spieler nach einem Turnier um halb zwölf eintrudelten und dann über ihre Spiele erzählten. Nachher spielten sie dann bis zur Sperrstunde, die damals zwei Uhr früh war. Eines Tages war ein Spieler zu wenig und sie forderten mich auf, mit zu spielen. Ich sträubte mich zwar, aber tatsächlich überzeugten sie mich und waren ein sehr, sehr geduldiges Lehrerteam. Jedes natürliche und nicht-natürliche Gebot wurde erklärt. Als ich einmal selbst einmal die Hand spielen musste, wiesen sie mich darauf hin, dass ich aufgrund des Lizits eigentlich schon alle Hände kennen müsste. (als ich zum 2. Stich ausspielen musste) Tatsächlich war das Spiel eines, was ich mir ausrechnen konnte - eine Ausnahme. Mit einem der Arbeitslosen, den ich oft auch nach Hause führte, spielte ich sogar ein Paarturnier, bei dem wir 67% erzielten. Wenn man bedenkt, dass da ein ziemliches Greenhorn am Spielen war, kann man sich ausrechnen, wie gut der andere war.
Leider veränderte sich das Lokal, wie es in Palkos Blog beschrieben ist. Aber auch in seinen guten Zeiten, war die Sperrstunde nicht das Ende. "Fahren wir noch ins Mittersteig?" war eine häufig bejahte Frage, wo es bis halb fünf weiterging.
Wie sehr diese Lokale ein gewisses Lokalkolorit aufwiesen, kann man wohl daran erkennen, dass ich keine Scheu hatte, auch meinen Ex-Chef dorthin mitzunehmen. Er ist Deutscher und war sichtlich angetan.
Über das Mittersteig ein anderes Mal mehr.
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14
Jun
2014

Andras Schiff

109+110+111=960

Today was the last evening in a row of recital evenings when Andras Schiff played all Beethoven-Sonatas.
I missed two recitals, but today could have been perfect. Like a proper groupie I have took his book about Beethoven-sonatas and one Beethoven-album of scores to have them signed. But the queue was so long and only slowly moving so I did not want to wait for another hour.
Maybe he will read this because some agents collects everything where his name is contained. So I am writing here in English what I would have liked to tell him.
There is no discussion about his performance on Beethoven. I would say that he is intellectually equally controlled like Alfred Brendel but he shows more heart. His feelings for Beethoven's music show and carry an enormous musical power. His generosity concerning the add-ons is also remarkable. Bagatelles op 126, Diabelli-variations op 120 and today?
First of all he managed to suppress applause between the three sonatas by not letting go the hold on the keys. Starting after a reasonable break that was still included by former peace he started the next sonata without interception.
I read in his book that this three sonatas are a sort of musical last statement (or even will) of Beethoven. It is quite audible that Schiff like the op 100 especially.
after opus 111 - everybody knows what this number means - there was big applause and after the fifth curtain he spoke up in his usual form and sentence: "this will now take a long time. So people should leave that have not got the time."
My personal idea about opus 111 would allow for no encore but one. The slow movement of the last Schubert sonata DV 960. Schiff sat down and started with the first movement of DV 960. And he played the whole sonata. For some people in the hall the sonata was unknown as was probably 109 and 110. My neighbor asked me afterwards whether that had been the Goldberg-variations. And she had played piano for 14 years. But of course that may happen.
Later in the subway I was asked again when people overheard that I was talking with my wife about the eveing.
Apart from the fact that Schiff might have read my thoughts I was quite pleased that he used the same tempo which I prefer for the first and the fourth movement. He was somewhat faster in the second movement and somewhat slower in the third movement. But that is far from critizising him. It is the tempo he obviously feels and then it must be right to play it that way. I learned a lot by listening to Schubert and to 109 and 110. I was sitting in the first row directly looking at the keyboard. I could watch his fingers and his pedaling in some interesting bars. Better than any piano lesson.
But that all concerns technicalities.
The main message must be: he makes music and by doing it he offers a convincing sincerity.

What could one ask for more?
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9
Jun
2014

der kleine Spaziergang

Dieser Text entstand aufgrund eines sehr gut gemeinten und guten Kommentars, der mich vor einer Pianistenlaufbahn warnen wollte. Nicht, dass dies in meinem Alter noch notwendig sein sollte. Aber er hat mich zum Nachdenken angeregt.

Ich habe noch einmal über die Musiker-Laufbahn nachgedacht. Mein Vater war kein Berufsmusiker. Franz Schmidt, ein bedeutender Komponist, hat ihn als Schüler abgelehnt, weil mein Vater damals mit seinem Bauingenieursstudium fast fertig war. Die zwei Jahre Musikakademie daneben waren für Schmidt nicht ausreichend, um ihm ernsthafte Musikertendenzen zu beweisen.
Mein Vater hat dann ungefähr ab dem 50. Lebensjahr nebenberuflich Musikvorträge gehalten. (Mit 55 Jahren wechselte er zu einem neuen Arbeitgeber (Rechnungshof), hat aber die Vorträge bei seinem alten weiter geführt.) Sein Publikum ist ihm 20 Jahre lang treu geblieben. Er hat es von Händel und Bach bis zu Prokofiev, Richard Strauss und Schostakovich und Ernst Krenek getragen. (Schallplattenvorträge mit Einführungen für besseres Verständnis von Aufbau, Struktur und Themengestaltung)
Ich habe beim Spielen zugehört, wenn er die Vorträge erarbeitet hat. Dadurch habe ich damals ein ziemliches Repertoire kennen gelernt.
-
Wenn ich heute so etwas wie ein "Konzert" gebe, hat das verschiedene Anlassfälle. Einer war mein 60. Geburtstag. Da wollte ich noch einmal Liszt, Mussorgsky und hauptsächlich Schubert zeigen. Ich wollte mir auch beweisen, dass ich das schaffe. Das waren damals 2 Stunden Programm und ich musste echt Kondition trainieren, um durchhalten zu können.
Das Konzert in Belgrad für ungefähr 50-60 Personen geschah auf Wunsch anderer. Für mich gab es einen kommerziellen Hintergrund: Image-Werbung für meine Firma. Die Leute (es waren "wichtige" Zuhörer dabei) werden vermutlich Werbung machen, wenn ich wieder so etwas veranstalten sollte.
Vor 25 Jahren hatte ich in Japan großen kommerziellen Erfolg, weil ich mir nicht zu gut war, in Privathäusern bei Hausmusikabenden aktiv zu werden. Da kamen die Töchter von gut situierten "Bürgerlichen", die gerade ihre Diplomarbeit einstudierten. Alle waren ganz entzückt, dass ich da praktisch jedwedes Stück vom Blatt begleiten konnte.
Und da komme ich zu meinem Punkt: er betrifft Hausmusik. Es ist ja gerade der Verzicht auf professionelles Solistentum, der es ermöglicht, den Leuten die Klassik und Romantik in der Weise nahe zu bringen, dass sie erkennen, wo der Unterschied zwischen der Konserve und dem echten Musizieren liegt. Das könnte ich durchaus noch einmal als erstrebenswert für mich ansehen. Ich muss dabei nichts verdienen. Eine Gruppe von 30 Zuhörern, die etwas bekommen, was sonst praktisch nicht mehr erhältlich ist, reicht vollkommen aus, um bestimmte Mühen auf sich zu nehmen.
In der Beziehung bin ich weitaus professioneller als viele Berufsmusiker. Wenn ich einmal die ganz großen ausnehme, (an die ich leider technisch nie herankommen kann) gibt es eine ganze Reihe von Musikern, die sehr gut spielen, aber keine Musik machen. Sie spielen die Musik herunter. Unabhängig von Saalakustik, unabhängig vom Flügel, unabhängig davon, wie ihre eigene Gefühlslage ist. Professionell halt. Aber genau das Gegenteil davon ist Musizieren.
Ich habe mir ja jetzt zum Ziel gesetzt, alle 32 Beethoven-Sonaten spielen zu können. Das wird noch ein hartes Stück Arbeit, besser Vergnügen. Nicht professionell. Doch wenn ich es zustande bringe, gehöre ich vielleicht zu eintausend Spielern, die das überhaupt bisher geschafft haben. Konserven gibt es weniger. Aber ein Professioneller wird das nicht in Angriff nehmen, wenn er keinen Vertrag bekommt, es auch aufführen zu können. Ich brauche keinen Vertrag. Meine Pension reicht vollkommen aus. Wird ausreichen. Ich verdiene jetzt nicht mehr, als ich in der Pension bekommen werde.
Von Laufbahn brauche ich doch mit 63 nicht mehr träumen. Ich habe meine Laufbahn schon absolviert.
Aber für einen kleinen Spazierweg werde ich immer zu haben sein :)
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8
Jun
2014

Mehr vom Konzert

Der Mozart war die erste Sonate, die ich gespielt habe. Ich habe ziemlich geschwitzt und der Flügel war ganz ungewohnt.

Aber den Zuhörern hat es gefallen. Den Beifall habe ich allerdings ausgeblendet:)

Mozart KV333

Für die LeserInnen, die zur Zeit lieber Mozart als Beethoven hören.
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4
Jun
2014

Schreiben oder üben

Wollte heute ein neues Kapitel schreiben. Aber dann habe ich mich doch ans Üben gemacht.
Eine bestimmte Sonate hat Andras Schiff so toll gespielt, dass ich sie als nächste auf mein Übungsprogramm gesetzt habe.
Er hat sie sogar zweimal gespielt, wobei er gemeint hat, dass sie nicht sehr bekannt ist und nur ganz selten im Konzert gespielt wird.

Das ist genau etwas für mich.

22. Sonate Beethoven

"Die Stellung der Sonate zwischen der Waldsteinsonate und der Appassionata hat nach Joachim Kaiser immer wieder dazu geführt, den Rang auch dieses Werkes ausdrücklich betonen zu müssen, weil sie natürlich von diesen beiden "Gipfelwerken abendländischer Musik" überragt werde, deren Rang sie nicht erreiche. Ein vollgültiges Werk Beethovens sei sie aber dennoch, wenn auch eher von "verspielt artifiziellem" Charakter" [nach Wikipedia]

Von der Schwierigkeit ist sie aber den anderen ebenbürtig, wenn man den zweiten Satz so schnell spielt, wie es Andras Schiff tut. (also sauschwer)

ich habe auch nur Einspielungen von Richter und Barenboim gefunden. Das besagt ja wohl auch einiges.
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abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

The bridge


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