10
Okt
2013

Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst

Ich gehe einmal davon aus, das dieser ein ganz vorzüglicher Bischof ist. Schließlich hat sich Papst Benedigt XVI, Meisner und Zollitsch (p.t. die beiden letzteren) ganz entschieden hinter ihn gestellt.
-
Elsalaska wird vermutlich gegen die deutsche Presse argumentieren, die den ach so armen Bischof verunglimpft.
-
Mir tut er auch leid. Der Arme wird so vehement angegriffen, weil er für den Ruhm der Kirche etwas Mäzenatentum heraushängen lässt. Das war ja früher auch kein Problem und wir freuen uns noch heute über prachtvolle Barockbauten.
-
Ich bin nur froh, dass ich nicht in Deutschland arbeite. Da würden mir 8% gleich automatisch vom Gehalt abgezogen, damit ich in zwei Jahren die Badewanne des ehrwürdigen Herrn Bischof finanziert habe.
-
Meines Erachtens gibt es immer schwarze Schafe. In jeder Organisation. Die Frage ist nur, wie lange sie sich halten können.
-
Wenn ich aber jetzt lese, dass er wegen Falschaussage (wegen des 1. Klasse-Flugs) strafrechtlich belangt werden soll, kommen mir die Mitleidstränen. Der arme Bauernbub soll es doch wenigstens einmal in seinem Leben so richtig schön haben!
read 1080 times

9
Okt
2013

Unbeendet, oder ...

An einem ganz gewöhnlichen Mittwoch zu Beginn des Herbstes empfand Stefan die Veränderung der Zeit. Es war ihm, als säße er in einem Auto, welches sich auf dem mittleren Fahrstreifen einer dreispurigen Autobahn befand. Er selbst bewegte sich mit mittlerer Geschwindigkeit im fließenden Verkehr. Die Bewegung symbolisierte den Zeitfluss, innerhalb dessen sein Leben verfloss.
Doch die Zeit hatte sich geteilt. Das äußere Leben steckte in einem tonnenschweren Lastwagen, der sich auf der Kriechspur rechts von ihm langsam den Berg hinaufquälte. Die Veränderungen in seinem beruflichen Umfeld waren noch langsamer. Da stand ein protziger Mercedes am Pannenstreifen und wartete auf Hilfe vom Pannendienst.
Links von ihm huschten sehr rasch überholende Sportwagen an ihm vorbei, die sehr kurz nur in seinem Blickfeld blieben.
Früher hatte Stefan selbst ein solches Fahrzeug gelenkt und hatte die linke Spur nie verlassen. Heute fuhr er ein vernünftiges Fahrzeug, er wusste um seine langsamere Reaktionszeit und es machte ihm Spass, auch etwas von der Umgebung wahrzunehmen. Bis hierher schien alles in Ordnung zu sein, doch Stefan hatte das Gefühl, auf allen Streifen und dem Pannenstreifen gleichzeitig unterwegs zu sein. Abwechselnd spürte er seinen Arsch auf den Fahrersitzen der unterschiedlichen Bewegungsmittel und stellte dabei fest, dass manchmal alle anderen verschwindend langsam dahinkrochen oder auch umgekehrt an ihm vorbeischossen, dass er den Kopf gar nicht schnell genug wenden konnte, um die anderen im Blickfeld zu behalten.
Er versuchte sich zu erinnern, ob er diesen Eindruck schon einmal früher wahrgenommen hatte. Eigentlich musste es doch immer so gewesen sein. Er dachte nach und versuchte den Unterschied zu erkennen. Der bestand darin, dass es ihm früher nichts ausgemacht hatte, die Position zu wechseln. Die einzelnen Veränderungen zwischen den unterschiedlichen Geschwindigkeiten waren wie ihm Spiel, ein Schnippen mit den Fingern. und er war schneller oder langsamer. An jenem ganz gewöhnlichen Mittwoch zu Beginn des Herbstes konnte Stefan den Unterschied diagnostizieren. Er empfand Schmerz, ja sogar Angst bei jedem Wechsel. Er hatte einmal gelesen, dass eines der Symptome eines sich ankündigenden Herzinfarktes Atemnot begleitet von stark zunehmendem Angstgefühl sei. Diese Angst schien präsent zu sein. Eine Angst, dass die Wechsel so schmerzvoll werden würden, dass er den Schmerz nicht mehr aushalten könnte. Er würde einen Infarkt aufgrund des stetig zunehmenden Schmerzes bekommen. Statt wie früher spielerisch je nach Bedarf der Lebenssituation hin und her zu springen, überlegte er jetzt vor jedem Sprung, ob der Zweck den Schmerz rechtfertigen würde, ja ob er den Sprung überleben würde.
Stefan analysierte seine Empfindung und war erstaunt, dass gerade jetzt dieser Zustand eingetreten war. Er hatte eine Überzeugung angenommen, dass das ruhige Fließen auf dem mittleren Fahrstreifen, das sich Anpassen an den unhektischen Bewegungsfluss die richtige Denk- und Lebensweise wäre. Dass es nichts brächte, kurzfristig aufs Gas zu steigen, um beim nächsten Stau dafür umso länger zu stehen. Er benötigte doch den Wechsel zwischen den Spuren nicht mehr.
Er musste aufstehen und danach trachten, rechtzeitig seine Tochter zur Schnellbahn zu bringen. Seitdem jene arbeitete, hatte sich auch für ihn ein geregelter Morgenanfang eingestellt, der ihn nunmehr sehr regelmäßig und viel früher als sonst in der Arbeit erscheinen ließ.
Stefan beobachtete die Leute in der Schnellbahn. Er hatte das Auto am Park and Ride-Parkplatz stehen gelassen, da er die morgendliche Fahrzeit eher zum Lesen oder Arbeiten während der Fahrt nutzen wollte. Da er in der Bahn stehen musste, konnte er nicht seinen Laptop herausholen. Daher versuchte Stefan in den Erscheinungen der ihm sichtbaren Personen zu lesen. Welche Geschichte verbarg sich hinter der Frau? Wo kam sie her? Würde sie einen netten oder einen enervierenden Tonfall haben, wenn sie sprechen müßte? In der Regel flossen diese Vorstellungen nahtlos ineinander über und Stefan hatte bei solchen Gelegenheiten ein Gefühl des Gesamtstatus im Waggon. Obwohl er es nicht wirklich wiedergeben können, hatte er das Gefühl, es mit einer überschaubaren Einheit zu tun zu haben, die man mit einer knappen statistischen Aussage hätte beschreiben können.
An jenem ganz gewöhnlichen Mittwoch im Herbst glaubte er vollständig inkompetent zu sein. Er fragte sich, warum er nicht in der Lage wäre, die vielen Botschaften, die zu ihm geschickt wurden, zu entschlüsseln und sie in ein klares stimmiges Bild einzubringen. Im Radio sang man „Beim Schlafengehen“ von Richard Strauss. Da gab es eine plötzliche Querverbindung zum Begriff des Flows, jenes Thema, mit dem sich Mihàly Csikszentmihàlyi beschäftigt, einer Glückserfahrung, welche zu besonderen Leistungen befähigt. Plötzlich konnte er erkennen, wieviel von diesem Flow er in seinem Leben erfahren hatte. Es gab noch eine Querverbindung, denn zuletzt hatte er vor wenigen Tagen von einem Treffen in Melk erfahren, bei welchem er fast Csiksentmihàlyi persönlich hätte treffen können.* Er hatte davon Abstand genommen, sich zu der Klausur anzumelden. Er konnte es sich zu der Zeit nicht leisten. Solche Einschränkungen betrübten ihn nicht. Er war von Dankbarkeit beseelt, was ihm bereits in seinem Leben gegeben worden war. Für ihn war die Möglichkeit einer solchen Begegnung bereits Anlass für die Beschäftigung mit den angenommenen Themen.
Er war der festen Überzeugung, dass alle die Botschaften und Synchronizitäten in ihrer Gesamtheit stimmig waren und eine Gemeinsamkeit aufwiesen, welche die eigentliche Botschaft aufwiesen.
Er war sich nicht darüber im Klaren, dass er selbst als Filter wirkte, der nur stimmige Botschaften als richtig und erkennenswert zuließ. Wenn er allerdings in einer trüben Laune war, konnte er diese Schwachstelle in seiner Glücksüberzeugung schon erkennen.
Stefan konnte flow bei verschiedenen Gelegenheiten erkennen: beim Programmieren, beim Klavierspielen, manchmal auch in Gesprächen, wenn er vollkommen losgelöst andere mit seinem Wortschwall überschwemmte.

HH 2004
___
* Waldzell 2004, Melk an der Donau
read 263 times

8
Okt
2013

Statistik

Eine Million kann kaum lesen...

http://orf.at/stories/2201460/2201462/

Es gibt ja den Spruch, traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälschst hast. Allerdings scheinen mir die Ergebnisse, die im Artikel präsentiert werden, durchaus glaubwürdig, wenn ich sie mit eigenen Erfahrungswerten vergleiche.
Wenn ich denke, 12,8% nicht sinnerfassend lesen können, kann ich zwar annehmen, dass es nicht unbedingt etwas mit der wirtschaftlichen Stellung dieser Personen zu tun hat. Tatsächlich kommt es aber auch vor, dass Leute mit besserer Ausbildung, in gehobenenen Berufen arbeitend, über dem Durchschnitt abschneiden.

Meine Erfahrungen haben mich manchmal vor den Kopf gestossen. Da gibt es Personen mit einem Bruttogehalt von mehr als 3.500 Euro, die weder lesen wollen, noch lesen, noch eine Beschreibung ihrer eigenen Arbeitstätigkeit geben können.

Mir selbst tut das nicht weh. Es hilft mir, mich gegenüber Konkurrenz abzugrenzen, trotz meines Alters nicht entsorgt zu werden und einen guten Job zu haben.

Aber erwartet man von mir Mitleid mit denen, die wegen Mangel an Bildung und fehlenden Grundfertigkeiten keine vernünftigen Jobs ergattern können? Da fühle ich noch eher mit den Studienabgängern mancher Fächer, die bestenfalls ein Praktikum bekommen.
read 1210 times

6
Okt
2013

Bemerkungen eines Trolls

Ich schreibe lieber etwas Positives. Aber warum soll ich etwas zurückhalten, das mich ärgert.
Dass ich selbst als Troll bezeichnet wurde, kann ich verschmerzen. Auch eine andere Bloggerin wurde mit der Anschuldigung angegriffen.
Was mich aber immer wieder schmerzt, ist Dummheit. Sie schmerzt umso mehr, wenn ich sehen kann, dass sich ein depressiv veranlagter Mensch selbst damit noch mehr beschädigt, indem er sein Weltbild so offen zur Schau trägt. Damit beeinflusst er andere Personen, die vielleicht vom Grund her seine Meinung gar nicht vertreten.
Über technische Belange kann man eigentlich relativ gut diskutieren, ohne dass es persönlich wird. Wenn jemand ein Produkt beschimpft, mag er/sie damit sogar recht haben. Aus persönlicher Sicht und vielleicht aus der Sicht derjenigen, die als "Fachleute" befragt werden.
Wenn der Angriff auf ein Pauschalurteil als Trollwesen bezeichnet wird, frage ich mich ob die Person besonders gescheit ist.

Jetzt schmökere ich etwas in dem Blog der Singer-Ablehnerin und lese vor allem in der Rubrik Musik. Ich kann feststellen, dass ihre ganze Familie ein großes Naheverhältnis zur Musik hatte.
Die einzelnen Einträge, die sie schreibt, klingen für mich überhaupt nicht einladend. Nur einige wenige beinhalten aufbauende Gedanken oder Zitate. Ich lerne daraus, das ich nicht jeden akzeptieren kann, der ein für mich sehr wichtiges Interesse mit mir teilt. So hätte ich z.B. absolut kein Interesse, mit ihr gemeinsam zu musizieren, obwohl es so wunderbare Literatur für Violine und Klavier gibt. Real stellt sich die Frage sowieso nicht, weil da mindestens 800 km zwischen unseren Wohnorten liegen.

Aber ich finde es doch recht vielsagend, dass sie auf eine von ihr gestellte Frage überhaupt keine Antwort erhält. Ich zitiere:

Kunstschaffender oder Kunstversteher
Eine Freundin hat mich gefragt, ob mir das in der Kunst - egal welcher - auch aufgefallen sei, dass sich das oft in zwei Lager teilt. Die einen, die Kunst schaffen/aufführen, und die anderen, die sie verstehen, rezipieren.

Ich kann da nicht viel dazu sagen. Ich weiss, dass es viele Kunstversteher gibt, die liebend gerne würden aufführen können, denen das aber nicht gegeben ist. Das Verständnis für die jeweilige Kunst sehr wohl.

Wie geht es Euch? Was ist Euch da in Eurem Leben schon aufgefallen? Habt Ihr Euch je Gedanken darüber gemacht?

Die Frage wurde am 10.7.2011 gestellt und bisher nicht beantwortet.

Ich werde natürlich auch keine Stellungnahme abgeben, obwohl mich das Thema ja Zeit meines Lebens stark beschäftigt hat. Aber wozu soll ich als Troll etwas niederschreiben, was dann erst nur gelöscht wird.

Quellen:
http://violine.twoday.net/stories/ein-wort-zu-singer-naehmaschinen/#comments
die Meldung des Trollnunzianten beinhaltend
http://weblog.hundeiker.de/
Der früher mal depressive Mann, der Trolle auf 2 Meilen gegen den Wind riecht.

Tja, zu der obigen Fragestellung bemerke ich einmal nur, dass über eine Lagereinteilung schwer zu entscheiden ist, wenn das eine Lager eine Teilmenge des anderen Lagers darstellt.
schaffen/aufführen vs. verstehen/rezipieren. Ich frage mich, wie man etwas aufführen will, was man nicht verstanden hat. Frau Violine kann das offensichtlich, denn sonst könnte sie die Frage nicht so schwammig formulieren.
read 816 times

5
Okt
2013

Die Roten und die Schwarzen

können nichts dafür, wenn sie mit der Bildungsreform nichts weiterbringen. Vor fast 100 Jahren ist der nachfolgende Textausschnitt geschrieben worden, der gerade heute in Zeiten des Internet noch viel schöner umgesetzt werden könnte.


Was wir wollen.

Wir haben erkannt, daß die Schule in geringem Zusammenhange mit dem Leben steht. Es ist eine erwiesene Sache, daß wir außer den Grundgesetzen der Muttersprache und außer Schreiben und Rechnen fast alle Dinge erst draußen im Lebenskampfe erwerben müssen. Das wäre an und für sich kein Unglück, wenn wir beim Austritte aus der Schule noch dasselbe Maß von Spontaneität besäßen, das uns beim Eintritte zu eigen war. Gerade diese Eigenschaft ist aber durch die Art der pädagogischen Beeinflussung während der Lernzeit zurückgegangen. Die Schule hat sie nicht ausgebildet, sondern unterdrückt. Sie hat sich daran gewöhnt, die andere Eigentümlichkeit der Jugend, die Rezeptivität zum Ausgangspunkt der erzieherischen Maßnahmen zu machen und in der Vermittlung von Wissen ihre fast ausschließliche Aufgabe zu sehen.
Heute verlangen wir von der Schule auch die Nutzbarmachung der hervorragendsten Kraft der Jugend, des Betätigungstriebes. Das normale Ind findet Glück und Zufriedenheit in der Selbstbestätigung. Sie entwickelt sich ohne komplizierte Einflußnahme vom Spiel zur Arbeit, schafft Erlebnisse und macht dieselben zum unverlierbaren Eigentum. Sie bringt jene freudige Erregtheit in die Kindesseele, durch welche ein Unterricht erst zur Erziehungsarbeit wird. Es ist selbstverständlich, daß mit dem Gesagten nicht der Traditionslosigkeit das Wort geredet und etwa die Abschaffung der aneignenden Lernarbeit kurzweg gefordert werden soll. Es handelt sich um die Wiedereinführung des anderen Bildungsmittel - der Erwerbung der Begriffe durch produktive Arbeit - zur Ergänzung der einseitigen Intellektbildung.
Die Forderung nach Berücksichtigung des Selbsttätigkeitstriebes der Jugend führt zur Idee der Arbeitsschule. In ihr soll die Spontaneität den gebührenden Vorrang vor der Rezeptivität wieder erhalten. Willensbildung und Kräftemehrung des Schülers sind die Hauptziele ihrer Absichten. Die Begriffe und Erkenntnisse sollen vorzugsweise durch die Anschauung, den Versuch und durch eigene Arbeit erworben werden.
...



Diese Zeilen und andere finden sich in

KUNST UND SCHULE
Zeitschrift der Vereinigung "Kunst und Schule" ... Schriftleitung: Maler Alexander Hartmann

1 Jahrgang Mai 1914 Heft Nr. 1

Der sogenannte Maler Alexander Hartmann hat bereits mit 16 Jahren die Familie seiner Eltern mit insgesamt 4 Geschwistern wirtschaftlich durch seine Malerei am Leben gehalten. Nicht nachprüfbar ist die Aussage, dass er 1914 und 1939 geweils "Millionär" war und in den Kriegen alles verloren hat.

Ich stelle fest, dass ich schon ein bisschen stolz bin, dass dies mein Großvater war.
read 1081 times

Erster Eindruck

Der erste Eindruck, den ich meinen LeserInnen vermitteln wollte, muss leider ein zweiter werden, denn gerade als ich meine Kamera in Verwendung nehmen wollte, stellte ich "Battery exhaustion" fest. Laden und Filmen geht anscheinend nicht gleichzeitig.
Meine Leser werden sich ja gedacht haben, dass der erste Weg nach meiner Rückkehr zum Flügel gewesen wäre. War aber nicht so. Weil mein Flug um 5:20 weg ging, dachte ich gestern gar nicht ans Schlafen sondern feierte noch bis 2 Uhr früh meine guten Untersuchungsresultate. Als ich in Wien ankam, war ich ziemlich fix und fertig und habe zuerst einmal bis elf Uhr geschlafen.
Dann! - Dann war der erste Weg ins Wohnzimmer.

Man sieht ja nicht sehr viel Neues, wenn man nicht genauer hinsieht. Sauberer ist es, der Staubsauger steht ja auch noch im Zimmer herum.
Aber vorher hatte ich schon ein Mail mit drei Bildern bekommen, zwei davon waren "vorher" und "nachher" mit dem netten Nachsatz "Ich hoffe, Du freust dich."

Ich habe mich schon bei der Ansicht der Bilder gefreut, noch mehr dann als ich den ersten Beethoven-Satz gespielt habe. Über den musikalischen Eindruck noch etwas später.

Die meisten Menschen denken bei dem Begriff (Klavier-)stimmen nur an das eigentliche Stimmen der Seiten. Sehr gute Klaviere werden nicht "gestimmt". Ja, sie werden "auch" gestimmt, damit die Saiten die richtige Tonhöhe haben. (Aber das ist etwas so, als würde man in Auto Benzin oder Diesel einfüllen, damit es fahren kann.) Um den Ton zu kultivieren, gibt es den Begriff des Intonierens. Dabei werden die Hämmer so bearbeitet, dass der Ton bei unterschiedlichem Anschlag eine korrespondierende Lautstärke und auch Länge hat. (Wenn der Flügel das hergibt.) Natürlich wird dabei auch geachtet, dass nebeneinander liegende Töne im Klang einander entsprechen. Nicht, dass etwa das C sehr hell ist und das D sich sehr dunkel anhört. Diese Arbeit wird vornehmlich an den Hämmern mit Intoniernadeln und noch anderen Behelfen durchgeführt. Irgendwann sind dann die Hämmer dann endgültig hinüber und werden ausgetauscht.
Es gibt noch eine dritte Haupttätigkeit, das Regulieren. Dabei wir der mechanische Abgleich der Taste eingestellt. Es gibt verschiedene Einstellmöglichkeiten, darunter auch Veränderung an den Führungen und der Einstellung der Federn, die das Repetierverhalten und den Druckpunkt bestimmen. (Das wird jetzt zu technisch, also höre ich schon wieder auf.)

Also an meinem Flügel, wurde reguliert, gestimmt und intoniert. Das Vorher-Foto zeigt, wie sich die Saiten in den Hämmern eingraben.

Dadurch werden a la long die Töne spitz, klingen heller, sind aber von der Klangstruktur immer unschöner.
Das Nachher-Foto zeigt die bearbeiteten Hämmer, die wie neu aussehen. Das Resultat des Intonierens kann man nicht sehen, nur hören.


Das Resultat des Regulierens kann man fühlen. Die Tasten fühlen sich gleichmäßiger an - und auch irgendwie anders. Es ist aber schwer, das nur dem Regulieren zuzuschreiben. Durch die Neuintonation verändert sich der Charakter des Flügels etwas. Ein guter Klaviertechniker stellt aber in der Regel den dem Flügel entsprechenden Klang ein.

Und das ist in meinem Fall ein absolut phantastischer Klang, der mich bezaubert hat, als mir Paul Badura-Skoda etwas Brahms vorgespielt hat, um ihn dann (von ihm ungeplant) mir zu verkaufen. Der Flügel klingt, wie ein Bösendorfer meiner Meinung nach klingen soll, wie er sich im Klang auch von einem Steinway oder anderen Marken absetzt. Wohlgemerkt, der Klang ist nicht für jedes Programm gleich geeignet. Jazz wird nach wie vor auf einem Steinway jazziger klingen, selbst wenn Oscar Peterson ein Bösendorfer-Fan war.

Ich muss jetzt noch etwas warten, bis die Kamera aufgeladen ist. Dann werde ich die vor einiger Zeit aufgenommene Beethoven-Sonate noch einmal aufnehmen.
Die geneigten LeserInnen können sich dann selbst ein Bild davon machen, wie groß ein Unterschied sein kann.

Er fühlt sich jetzt etwas leiser an. Aber das hängt mit dem sauberen Klangbild zusammen. Und so richtig leise ist ein 2,75-Meter Konzertflügel ja eh nicht, wenn er in einem Wohnzimmer steht. Dieser Flügel hat von 1914 bis 1923 den großen Saal des Musikvereins beschallt. Er war der Paradeflügel des Musikvereins in dieser Zeit.
Und er ist selbst heute noch ein besonderes Instrument, was besondere Pianisten in den letzten 25 Jahren immer wieder bestätigt haben. (Mitsuko Uchida wollte ihn mir ja sogar einmal abkaufen.)
read 629 times
logo

auf 70 steuernd

die Erfahrungen genießend

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Nachtrag zu diesem Jahr
Abschluss der Musikaktivitäten Die Leistung des Jahre...
steppenhund - 10. Dez, 18:59
Langsamer Abschied
Долгое прощание - Langsamer Abschied Dieses Buch von...
steppenhund - 13. Nov, 12:01
Aleksandra Mikulska
Es gibt drei Pianistinnen, die ich ganz hoch einschätze,...
steppenhund - 22. Okt, 14:44
Quietschen
Q U I E T S C H E N Als ich gestern nach dem Aufstehen...
steppenhund - 20. Okt, 12:36
Ich liebe meinen Induktionsherd....
Ich liebe meinen Induktionsherd. Brauchst auch den...
la-mamma - 18. Okt, 18:10

Meine Kommentare

wenn Sie der Lehrer meiner...
würde ich mich wundern, dass Sie nicht auf meinen Kommentar...
abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

The bridge


Bloggen
Computer
ernst
Familie
Film
fussball
Icebreaker
Ist das jetzt das Alter
Kino
Kultur
Leben
Lesen
Musik
nichttägliche Mathematik
Philosophie
Politik
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren