16
Apr
2011

Die Rolle

"Wir spielen alle nur verschiedene Rollen in diesem Leben." Als ich diesen Satz zum ersten Mal hörte, damals war ich ungefähr fünfundzwanzig, war ich verärgert. Nein, ich würde nie eine Rolle spielen, zumindest würde ich versuchen, es zu vermeiden. Ich hatte kein Bedürfnis, mich beim Karneval zu verkleiden.
Dass ich damals schon "meine Rollen" spielte, war mir nicht aufgefallen. Ich hatte mit Begeisterung den Steppenwolf gelesen, aber nicht gemerkt, dass ein steppenwölfisches Dasein zwangsgemäß zum Rollenspiel zwingt. Identifizieren konnte ich mich gut. Eigentlich wollte ich mich mit dem Komplex identifizieren, also gesamtheitlich authentisch sein. So können Ideale der Jugend sein, die den Widerspruch nicht erkennen, der bereits im Anspruch steckt.
Jetzt gibt es zwei Parteien in diesem Spiel. Ich (ausnahmsweise zuerst genannt) und die Audienz, die Wahrnehmenden.
Ich habe lernen müssen, dass die Wahrnehmenden, zu denen bei anderen Gelegenheiten ich selbst dazugehöre, gar nicht anders können als zu reduzieren. Man sieht den anderen, erkennt ein paar Eigenschaften und bildet sich die Rolle dazu. Scherzhaft wünscht man sich noch, dass eine Frau Dame, Köchin, Mutter, Hure etc. zugleich sein soll, situativ variabel. Bei Männern wünschen sich die Frauen, wenn man in diversen Blogs nachliest, keine Rollen, sondern ausschließlich Eigenschaften, intelligent, humorvoll, liebevoll und andere Eigenschaften, die oft nicht in eine gemeinsame Rolle passen können.
In späteren Jahren habe ich mein eigenes Rollenverständnis versucht, als Resultat einer Lebensführung zu interpretieren. Da bin ich Schüler, Entwickler (einer, der etwas Neues schafft), Verkäufer, Manager, Lehrer. Diese Rollen erschienen mir als logische Abfolge. So konnte ich sie auch realisieren.
Aber die Person beinhaltet die unterschiedlichen Eigenschaften. Manager und Entwickler ist unvereinbar. (Vielleicht gibt es Ausnahmen, doch auch Künstler sind gut beraten, wenn sie einen Manager haben und das nicht selbst versuchen.) Schüler und Lehrer passt gut zusammen. Das eine ist Bedingung für das andere. Verkäufer und Schüler verträgt sich anfangs hervorragend. Als Schüler versuche ich so viel wie möglich über die Wünsche des Kunden zu erfahren, bevor ich in die Verkäuferrolle schlüpfe und aktiv ein Einkaufsverhalten manipulieren muss.
Es gibt verschiedene Personen, die mich nur in einer oder zwei Rollen kennen und überrascht sind, wenn ich dann auf einmal ganz anders auftrete. Momentan spiele ich eine Rolle, die ich nie besonders angestrebt habe: den BIG BOSS. Ich habe diese Rolle schon zweimal gespielt. Einmal war sie durch meine Technikernatur gemildert, ein anderes Mal durch die besonderen Umstände. Ich war BIG BOSS in Japan, aber im Zusammenhang mit Wien und Klavier. BIG BOSS hatte fast etwas Künstlerisches an sich. Meine Gesprächspartner waren Menschen, die selbst Künstler waren oder mit Kultur zu tun hatten. BIG BOSS sein war eine Notwendigkeit, doch die Achtung wurde mir menschlich aufgrund der Gespräche über Kunst mitgebracht.
Jetzt spiele ich die Rolle erneut und versuche, sie einmal richtig gern zu spielen. Wirklich wie im Theater. Und es scheint auch zu klappen. Ich erfreue mich an der Rolle und ich merke am Verhalten der Mitspieler, dass ich sie einigermaßen richtig hin bekomme.
Aber es ist eine Rolle.
Ich verstehe es, wenn Personen in einem Blog in eine gewünschte Rolle schlüpfen, die sie im Leben nicht einnehmen können oder dürfen. Oder glauben, nicht zu dürfen. Begeistert hat mich immer der Spruch: möchten hätten wir ja gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut.
Im Blog darf jeder. Aber selbst wenn ich mich im Blog verstelle, möchte ich doch etwas sein, mit dem ich mich identifizieren möchte.
Nehmen wir einmal das Gegenteil an: ich versuche meine ungeliebtesten Eigenschaften im Blog los zu werden. Und ich finde dabei Zustimmung, weil andere Menschen froh sind, dass es mir auch so geht. Werde ich dann froh?
Ich will lieber dort akzeptiert werden, wo ich mich unverstanden fühle. Wo ich durch das erweiterte Auslassen meiner Persönlichkeit ein Mehr an Verständnis erwarte und manchmal auch bekomme.
Man kann auch böse sein. "So ganz boshaft doch keinen ich fand; er hält's auf die Länge nicht aus" sagt Hans Sachs in den Meistersingern über Beckmesser. Also wenn schon böse, dann richtig. Zynisch und sarkastisch. Vielleicht gemäß einem mephistophelischen Vorbild, da der Mephisto ja wesentlich besser und interessanter erscheint als der "biedere" Faust.
Deswegen halte ich auch mein sachliches Berufsbild für lustig und meiner Authenzität zuträglich.
"Ein Teil von jener Kraft
Die stets das Gute will und das Richt'ge schafft
Ich bin der Geist, der stets verneint!
und das mit Recht: denn Schlechtes, was entsteht
Ist wert, daß es zugrunde geht
Drum besser wär's, wenn's gleich schon echt.
So ist denn alles was ihr Recht,
Ordnung, kurz das Gute nennt,
Mein eigentliches Element."
Ich verwende dieses Zitat manchmal bei Selbstvorstellungen in Präsentationen über den Softwaretest. Und in dieser Beziehung bin ich ganz echt. Denn meine Überzeugung ist die, dass das Schlechte was ich finde, nicht von vornherein auf menschliche Fehler zurück zu führen ist.
Ich kann beweisen, dass Fehler in Programmen notwendig sind, dass wir selbst dann nicht richtig programmieren können, wenn wir uns beliebig stark anstrengen und bemühen. Der theoretische Hintergrund findet sich in den Erkenntnissen des zwanzigsten Jahrhunderts.
Daher ist diese mephistophelische, eine Rolle, die mir zusagt.
Manchmal werde ich deswegen gescholten. Doch viel echter geht es nicht. Da bin ich im Blog ganz ehrlich.
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15
Apr
2011

Beziehungen

Frau Frogg hat die Frage beantwortet, ob man Bloggerkollegen (und auch die Damen) persönlich kennen lernen sollte und hat die Frage mit ja beantwortet.
Ich teile diese Meinung grundsätzlich. Bei ganz wenigen Bloggern achte ich auch die Anonymität, weil sie mir in Anbetracht der Lebenssituation als notwendig erscheint. (teacher ist so ein Fall.) Ein anonymer Blogger gibt genauso viel preis, wie er es für richtig hält. Diese Einstellung ist wohl vernünftig.
Ich mag nur keine anonymen Kommentatoren, die sich beschweren oder schimpfen. (Wenn ich ihre Einwände für angebracht halte, habe ich kein Problem damit. Nicht alles, was ich schreibe, muss richtig sein.)
Aber in Wirklichkeit geht es doch um Beziehungen. Die Plattform des Blogs stellt die Möglichkeit einer besonderen Beziehung her. Früher hat man vielleicht Brieffreunde gehabt und wochenlang auf die Antwortpost gewartet. Ich hab da nicht dazu gehört, weil ich zu ungeduldig bin. Doch ich habe es immer bewundert, wenn ich von langjährigen Brieffreundschaften gehört habe.
Das Blog ist schnelllebiger. Nicht so schnell wie Facebook oder Twitter. Aber es hat für mich genau das richtige Tempo. Selbst wenn ich vielleicht etwas zu lange schreibe, finde ich doch in vielen Beiträgen von anderen genau das richtige Maß an Länge des Textes.
Wenn die Texte etwas länger sind und ich die Zeit habe, sie mir aufmerksam durchzulesen, dann freue ich mich auch, dass es im Blog gehaltvollere Texte gibt als sie mittlerweilen in den Gazetten zu finden sind, wo ein Text nur genauso lang sein darf, dass er neben das Bild passt.
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bekanntes Phänomen

Heute ist der dritte Tag n a c h meiner Zahnarzt-Großtour. Es wurde mir bestätigt, dass die Schmerzen dann in der Regel am heftigsten wären. Aber ich werde um 20:00 noch einmal angeschaut und schon wirken sie weitaus weniger:)
Im Prinzip beruhigt mich bereits die Aussage, dass es normal ist...

P.S. Es geht nicht um den Kiefer, sondern nur um den einen defekten Zahn, der als erstes dran war.
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14
Apr
2011

Aus mit Splatter:)

Ein ganz anderes Problem habe ich jetzt. ich muss mir ein Klavier kaufen, das ich still schalten kann.
Und ich bin eigentlich schon bereit, ein Clavinova zu kaufen.
Das ist eigentlich der größte Grad an Selbstverleugnung. Aber wenn ich es mit Belgrad ernst meine, muss ich auch B sagen.
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Und dort werde ich wohnen:
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Das Ärgste ist vorüber

Ich habe es ja gleich nach der Operation geschrieben, dass ich noch lebe. Diese dauerte fünf Stunden, weil doch relativ viel mit dem Kiefer zu machen war. Nachher sah ich noch die Bildchen von den Implantaten. Die meiste Zeit verschlief ich, bei den letzten drei bekam ich es dann wieder live mit. Ohne wirkliche Schmerzen nur musste ich häufig ermahnt werden, den Mund wieder aufzumachen.
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Danach postoperative Betreuung. Schmerzmittel und ab heute Abend Penizillin, oder zumindest etwas damit. Ich hoffe, dass am Dienstag abends die Drähte gezogen werden können. (Am Mittwoch fliege ich dann ja nach Wien zurück.)
In der Nacht bin ich aufgewacht und da tat so richtig alles weh. Nach der Einnahme des Schmerzmittels konnte ich aber dann recht gut schlafen und jetzt in der Früh fühle ich mich etwas benommen aber durchaus lebensfähig.
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Heute bleibe ich im Hotel und erledige einmal alle Sachen, zu denen ich als Zeitgründen zuletzt nicht gekommen bin. Da gibt es noch unheimlich viel zu schreiben.
Auch gestern war es wieder eine Freude zu erleben, wie sorgfältig und bemüht alle gearbeitet haben. Die Anästhisistin hat jeden Schritt erklärt. Nur mehr ein kleiner Punkt auf der Handfläche zeigt von ihrer Tätigkeit.
Wenn ich gerade jetzt zusammenbeiße, tut mir weniger weh als gestern am Nachmittag. Das wird allerdings die Wirkung des Schmerzmittels sein.
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Wenn ich meine Erfahrungen hier zusammenfasse, so stelle ich folgendes fest: die Geräte mit denen sie hier arbeiten sind die modernsten (wie auch in Ungarn). Die Arbeitsauffassung ist eine andere. Hier sieht sich der Zahnchirurg als Dienstleister und versucht alles, um auf Sorgen, Fragen und notwendigen Beeinträchtigungen des Patienten einzugehen.
In Österreich, wo die Preise für gleichartige Arbeiten ungefähr 2,5 mal so teuer sind, wenn nicht mehr, ist der Patient in erster Linie Kunde, der die nächste Ferrari-Rate begleicht. (Ich weiß, dass das eine bösartige Unterstellung ist. Nicht alle sind so. Doch der Preis für eine Krone liegt in Österreich bei 2.000€ und da weiß ich jetzt noch nicht einmal, ob das Implantat schon im Preis inbegriffen ist.)
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Zu allerletzt möchte ich noch erwähnen, dass mir in der gesamten Ordination alle (ca. 10 verschiedene Menschen) sympathisch waren. Das ist eine ziemlich hohe Ausbeute;)
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13
Apr
2011

Beitrag zum dritten Tag

Beruflich alles gesettelt. Um 4:30 it started, at 10:00 I got out of the stool. During most of the operation I slept. The doctor said later hat there had been some difficult parts in the bone so he had to take more time.
I was brought to the hotel. I can feel the implants with my tongue. My appetite is qute reduced.
In six days there will be a control and then I go to Vienna.
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Typing is difficult. So I stop now with the one vital information:
I am still alive:)
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12
Apr
2011

Beitrag zum zweiten Tag

Heute abend ist es mir zwischen 19:30 und 21:00 nicht so gut gegangen. Die Wirkung der Spritzen hat nachgelassen, aber ich hatte kein Schmerzmittel genommen.
Gestern hatte ja auch eines gereicht. Heute fühlte ich mich so sicher, dass ich darauf vergaß, beim Zahnarzt zu fragen und meine Mittel hatte ich im Hotel.
Ursprünglich hieß es ja: vier Zahnderln werden gemacht.
Als ich dann nach dem dritten frohlockte: jetzt kommt der letzte, hieß es "noch zwei". Soviel Serbisch verstehe ich nämlich mittlerweile schon. "Josch dwa"
Na gut, beim 4. bin ich dann weggenickt und erst wieder aufgewacht, als der 5. schon fast so gut wie fertig war. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich inzwischen vermutlich noch eine weitere Spritze bekommen hatte. (Geschnarcht habe ich sicher nicht, dafür wird der Onkel Doktor schon gesorgt haben:)
Und dann wurde noch einmal der schlechteste Zahn von gestern (ohne Betäubung) aufgemacht. Aber das ging wirklich fast schmerzlos, nur ein bis zwei Zucker meiner Beine. Ich hatte ein gutes Gefühl dabei, weil noch einmal Medizin in den Zahn kam und er sich danach auch wieder sehr solide anfühlte.
Aber jedenfalls saß ich fast drei Stunden am Stuhl. Das waren gefühlte 2,25 Stunden, weil der Onkel Doktor dann bestätigte, dass ich 45 Minuten geschlafen hatte.
Das soll mir einmal einer nachmachen. Während der Abschlussarbeiten dachte ich nur darüber, ob ich den Satz: "Könnte es sein, dass ich geschlafen habe?" auf serbisch schon sprechen könnte. Das Partizipium von Schlafen hab ich nicht ganz zusammengebracht. Da sollte man nämlich noch den Aspekt hineinbringen.
Aber "alles hat ein Ende" habe ich dann doch noch zusammengebracht, denn diesen Text kenne ich vom Fernsehen aus der Werbung für "six feet under".
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Was ich wirklich für bemerkenswert halte, ist der Umstand, dass ich bei der ganzen Geschichte recht viel Serbisch höre und lerne. Der Arzt und die Assistentin plaudern munter dahin und ich kann zumindest schon die Themen erraten, wenn sie sich über die Schulen der Kinder unterhalten. Es ist eine etwas merkwürdige Form von "total immersion". Ich bin im Sessel untergetaucht, darf selbst nichts reden, bzw. kann nichts reden, doch meine Ohren sind auf Empfang gestellt.
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Morgen kommt der eigentliche Hammer: die Kieferoperation für die Implantate.
Sehr war der Ratschlag heute, sechs Stunden vor der OP nichts mehr zu essen, was ja eher normal ist. Aber auch vorm Trinken wäre abzuraten, weil die Geschichte wird drei Stunden dauern und während dieser Zeit werde ich mich nur schwer zum Nase pudern entschuldigen können.
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Damit die Geschichte aber nicht nur nach den typischen Krankengeschichten der alten Leute klingt, kommt jetzt noch ein kleiner Erfolgsreport.
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Nein, ich habe noch nicht einen unterschriebenen Kundenauftrag.
Ja, ich habe eine Wohnung und ein Office. Und diese sind nach einigen Besichtigungen und Verhandlungen jetzt doch dort angesiedelt, wo ich ursprünglich hinwollte: die Wohnung in GENEX APPARTMANI, wo auch z.B. die österrreichische Außenhandelskammer und die japanische Botschaft residiert. Das Office befindet sich gleich im Nebengebäude, dem "kleinen Turm", wo sich hauptsächlich DELTA GENERALI befindet. Back to the roots könnte man sagen.
Aber es wird ernster und ernsterer!
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abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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