5
Apr
2011

Man stirbt oder man geniesst

Was für ein Tag! Gestern war eigentlich alles noch normal. Aufarbeiten von Dienstreisen, ein bisschen Programmbereinigung, um zu sehen, wie leicht ich mein selbst geschriebenes Programm mehrsprachig machen kann. Am Nachmittag ein kurzer Termin mit zwei jungen, serbischen Studentinnen, denen ich bei der Wohnungsbeschaffung für das nächste Studienjahr helfen soll.
Dann noch ein Abendtermin und danach Vorbereitung für eine Kundendemonstration heute vormittag. Gleich nach der Blutprobe.
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Aus dem gestrigen Bericht geht hervor, dass ich mehr Musik gehört habe, als die Demo vorzubereiten. Doch von 5 Uhr bis 7 Uhr lief es dann ganz gut. Und die Demo, die um 11 begann, lief auch sehr gut.
In den zwei Stunden musste ich praktisch eine Programmiersprache lernen, soweit es notwendig war, sie Leuten vorzuführen, die damit schon gearbeitet haben. Der Effekt war erstaunlich: "Was? Das kann man auch damit machen?" Ja, genauso soll es sein. Danach Mittagessen mit unserer Chefsekretärin, am Nachmittag Telefonate mit Serbien. Ich bin jetzt wieder zuversichtlicher, dass wir eine gute Wohnung oder ein gutes Office bekommen können.
Dann versuche ich die Noten für die septemberliche Kammermusik zu bekommen. Das eine Notenstück, dass fast einen Monat für die Beschaffung braucht, kostet über achtzig Euro. Da schaue ich doch einmal, ob ich es nicht von den Kollegen bekomme.
Den Schubert und den Brahms lasse ich mir zurücklegen. "Ich werde es heute nicht mehr schaffen!" sage ich der Dame am Telefon.
Eine halbe Stunde später sitze ich im Taxi und hole mir die Noten. Ich halte es einfach nicht mehr aus. Um 17:00 ist sowieso ein Termin. Da kann ich die Zeit dazwischen gleich so nützen. Bei der Gelegenheit decke ich mich gleich mit "Montauk" ein.
Ich bin gerüstet.
Um 17:00 (ich habe seit Montag früh nichts geschlafen) findet ein Treffen mit einem Professor der Akademie der bildenden Künste und drei Grafikerinnen statt. Wir wollen eine Ausstellung in den Firmenräumlichkeiten im August organisieren.
Buffet und Getränke sind bestens organisiert. Auch eine Mäzenin bleibt bis acht. Dann erwarten wir noch eine Künstlerin, von der wir einige Bilder in der Firma hängen haben. Wir wollen noch einen Malworkshop machen.
Dazwischen klären wir noch Reiseabrechnungsmodalitäten. Dann kommt mein Chef mit dem Vorschlag, dass wir auf eine BIldungsreise nach Chile und Argentinien im Mai fahren könnten. Ich frage bei Frau Columbo nach. Der Termin liegt günstig. Vielleicht fahren wir wirklich.
Um 22:00 reiße ich von der Firma ab. In bester Laune. In der U-Bahn fange ich Montauk zu lesen an.
Ich komme nach Hause. Frau Columbo ist noch wach, was sehr angenehm ist. Ich kann noch die neuen Noten ausprobieren.
Der Schubert ist kein Problem oder sagen wir, er sieht eindeutig beherrschbar aus.
Der Brahms sieht nur beherrschbar aus. (ohne eindeutig) Der ist aber ein geiles Stück. Ich schaue mir die schnellen Sätze an und vor allem das Scherzo. Das hat mich ja bei den youtube-Einstellungen besonders begeistert.
Jedenfalls wird mir das Spass machen, es zu üben. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Die Besprechung für den morgigen Kundentermin um 10:00 werde ich in der Früh vorbereiten. Heute geht nichts mehr.
Aber was für ein Tag!
Man stirbt oder man geniesst.
Ich habe mich für das Genießen entschlossen!

Nachtrag: (6.4.2011)

Das ist das Stück, das ich als erstes probiert habe, gestern nach und heute früh.
Das ist so ein sinnlicher Genuss!

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sentimental

Im Zuge meiner nächtlichen Arbeiten verwende ich die Pausen, um mir ein bisschen Musik nach meinem Geschmack zu besorgen.
Über den Umweg "nothing compares to you" komme ich zu den All Angels, die mir ja eigentlich nicht gefallen dürften. Süßliches Crossover würde ich unken. Aber sie gefallen mir halt doch. Und dann komme ich zu diesem Song.
Im Video sieht man zu Beginn die Noten und ich werde schlagartig an eine schöne Zeit erinnert. Die Älteste war in die Schule gekommen und dort wurden die Erwachsenen sehr stark integriert. So formte sich ein Trio, bestehend aus Klarinette, Schlagzeug und Klavier. Beim Faschingsball waren wir die Band. Ein bisschen Dixie, ein bisschen Pop und auch dieser Song, der mir sehr gut gefiel.
Ein bisschen war es damals ein Leben wie in einer amerikanischen Vorstadt. Der Kontrast war besonders stark, weil ich die Dienstreisen ja hauptsächlich in die Sovjetunion absolvierte. Das Schulleben, die soziale Einbindung, das eigentlich viel zu schwache Mitleben mit der Entwicklung meiner Kinder, das dann aber doch sehr intensiv gewesen sein muss. Zu Beginn dieser Zeit arbeitete ich im 17. Bezirk und führte die Tochter jeden Morgen mit dem Auto über die Bezirksgrenze. Ich genoss diese Fahrten. Heute kann man nicht mehr dieselbe Strecke fahren. Das Durchfahren ist verboten.
Auch wenn es hieß, dass ich früh aufstehen musste, habe ich noch das Gefühl der guten Laune in mir, wenn ich meine Tochter abgeliefert hatte. *)





* Die Strecke verlief von der Hohen Warte im 19. Bezirk zum Schloss Pötzleinsdorf im 18. Bezirk, wo sich die neu gegründete Waldorfschule befand, und danach ging es über Dornbach nach Hernals, dem 17. Bezirk. Die letzte Bezirksüberquerung fand schon quasi im Wienerwald statt. Manchmal stellte ich mich auf den Parkplatz und hörte ein bisschen den Vögeln zu.

Nachtrag: meine Lieblingseinspielung auf youtube ist allerdings diese:
http://www.youtube.com/watch?v=KOZhmsp6iBQ
Die sollte man sich unbedingt anhören, der Song ist an sich ja alles andere als süßlich. Immerhin ist die Frau wütend und weiß, dass sie momentan nichts ausrichten kann. Das Timing halt.
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MILF oder Fussball

Über das Akronym MILF wurde vor wenigen Tagen noch gerätselt. Es ist keine Bildungslücke, wenn man als Frau noch nicht der Abkürzung von "Mothers I'd like to fuck" begegnet ist. Sie hat ihre Bedeutung vor allem auf Pornoseiten, wo sie eine Kategorie von bestimmten Streifen bezeichnet.
Jetzt gibt es aber auch Fussball. Und der angeblich beste Fussballer Österreichs ist in die Schlagzeilen gekommen, weil er einen Kollegen mit "jebem ti mater" beschimpft hat, was mit ungefähr "Ich ficke deine Mutter" zu übersetzen ist.
Heute wurde ich in der U-Bahn-Station Zeuge eines ähnlichen Wortwechsels und ich fing zu grübeln an.
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FICKEN war zu meiner Zeit ein absolut böses Wort. Ich habe es auch bis zum Alter von zirka 40 Jahren nie verwendet. Interessant war die Klassifizierung von bösen Worten im Englischen, die als Four-letter-words bezeichnet wurden. Dazu gehörte auch FUCK. "Fuck yourself" ist eine der Phrasen, die man in nicht gerade freundlicher Gesinnungslage hervorstößt. Ich bin noch nicht ganz drauf gekommen, ob es anständiger zu sagen ist: "this bloody " oder "this fucking ".
Im Deutschen wird manchmal entsprechend zu "Fuck you", was grammatikalisch m.E. nicht ganz richtig ist, der Ausspruch "Fick dich ins Knie" verwendet, der bei mir immer einen Nachdenkprozess auslöst. Was ist damit eigentlich gemeint?
Jetzt ist FICKEN mittlerweile ja salonfähig geworden. Man kann durch seine Verwendung durchaus auch literarische Preise ergattern. Das Wort bezeichnet eine an sich angenehme, erfreuliche und wie ich denke auch erstrebenswerte Handlung. Allerdings wird dieselbe etwas abgewertet, wenn es sich nur um einen Fick handelt, - weil eben das Wort ganz eindeutig mit einer negativen Konnotation belegt ist. Ich habe auch Interpretationen gehört, wonach Ficken etwas "Ehrliches" an sich hat. So in der Art, dass ein bekanntes Freudenmädchen ein bisschen ehrlicher als ehrbare Damen ist, die sich in Wirklichkeit auch nur verkaufen, um den Schmuck dann auf den Opernball auszuführen.
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Wenn ich das jetzt aber alles zusammenfasse, MUSS FICKEN etwas Schlimmes sein. Es kann doch nicht anders sein, wenn in den meisten Sprachen in Verbindung damit die ärgsten Beschimpfungen gebildet werden. (Auf russisch könnte ich das auch noch belegen.)
Und was sind wir für eine verkorkste Spezies, wenn wir das, was wir eigentlich am liebsten möchten, zu nichts Besserem verwenden als jemanden zu beschimpfen. Im Wienerischen gibt es da viel bessere Beschimpfungen. Bei Hirschbolds Sprachpolizei gab es einmal eine Abhandlung, wie man gut schimpft. Man nehme ein Hauptwort, möglichst unverfänglich und unschuldig, füge ein Attribut dazu, welches das Hauptwort als ungünstige Ausprägung erscheinen lässt, und bildet den Superlativ.
Also nehmen wir "Fernsehantenne". - Unschuldig.
Die wird mit einem geeigneten Attribut zur Beschimpfung.
"(Sie) windschiefe Fernsehantenne". - das ist schon böse, wenn man es zu jemandem sagt.
Und jetzt kommt der Superlativ. Er wird durch ein Postfix gebildet, nämlich durch das Wort "übereinand".
"SIE WINDSCHIEFE FERNSEHANTENNE ÜBEREINAND!" - Das muss das Gegenüber in den Grundfesten erschüttern und es vor Wut zerplatzen lassen.
Wie fantasielos ist dagegen: "Fick dich ins Knie".
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Vielleicht ist es auch nur unser Neid auf Menschen mit Tourette-Syndrom. Die dürfen alles sagen, weil es eine Krankheit ist. Und am liebsten würden wir sowieso schweinigln, wie Mozart es gemacht hat. Weil wir das aber nicht dürfen, heben wir es uns für die Augenblicke des gerechten Zorns auf.

"What a fucking posting this is!"
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Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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