25
Okt
2013

Eugene Faust

Es gibt mittlerweile schon eine Reihe Nachrufe auf Eugene Faust. Ich bin traurig, dass ich nicht mehr an eine von mir ursprünglich geschriebene Bloggerbeschimpfung herankomme. Die meisten dieser Bloggerbeschimpfungen waren ja ausgesprochene Hommagen und die an Eugene fiel mir damals besonders leicht.
Es gibt (und hier ist die Gegenwartsform ganz bewusst gewählt) etwas Besonderes an Eugene. Zu Beginn, als ihre Krankheit überhaupt kein Thema war, las ich ihre Beträge mit Begeisterung und bewunderte den guten Geschmack. Es war immer nachvollziehbar, warum sie etwas Bestimmtes zitierte oder verlinkte. Aufmerksam wurde ich ja durch ihre Arbeit, die Single-Frau im Swingerclub, die ich zur Gänze lesen konnte, nachdem ich Eugene danach gefragt hatte. Irgendwann offenbarte sie mir dann ihre Diagnose. Ich las etwas aufmerksamer, doch in ihren Postings schien nichts davon auf. Leider habe ich die Gelegenheit verpasst, damals nach Hamburg zu fahren, um sie persönlich kennen zu lernen. Als es dann geklappt hätte, lehnte sie ab, weil es ihr schon zu schlecht ging.
Erst im Nachhinein wurde die Ungeheuerlichkeit erkennbar, als sie schrieb, dass sie zwar ihre Wohnung wegen einer Alarmmeldung umgehend verlassen müsste, dieses aber nicht so einfach wäre, weil sie in dem Jahr überhaupt erst für zwei Stunden ihre Wohnung verlassen hätte. Nach wie vor schrieb, verlinkte und unterhielt die LeserInnen, als wäre nichts gewesen und als wäre nichts. Als sie ihre Lebensgeschichte schrieb, war ich wohl nicht der einzige, der ihren Lebenskampf bewunderte. Dass die Niederschrift bereits als Vermächtnis anzusehen war, wollte ich nicht wahr haben. Nicht einmal, als es klar war, dass sie in ein Hospiz musste und es nur mehr um Palliativpflege ging, konnte ich selbst die Tragweite erfühlen. Dann gab es noch die nette Britt, die die Verbindung auf die Blogplattform aufrecht erhielt.
Und selbst jetzt, da sie von uns gegangen ist, will ich es nicht wahr haben. Und vielleicht ist es auch gar nicht notwendig, es zu akzeptieren. Eugene's Persönlichkeit kann für mich nicht sterben. Ihre Hinterlassenschaft ist gerade eine vermutlich lang dauernde Präsenz, obwohl sie nicht mehr da ist. Sie verkörpert Leben. Sie hat, ich vermute, dass mir andere zustimmen werden, nie aus ihrer Situation heraus den anderen belastet. Vielleicht war es gerade umgekehrt: sie hat Freude, Humor und Besinnlichkeit an andere weitergegeben. Dann kam es vielleicht gar nicht darauf an, wie sie sich selbst fühlen musste. Sie war eine Gebende, das lässt sich von ihrer Präsenz auf twoday zweifellos konstatieren.
Weil Momoseven ihre Liedwahl dargelegt hat, füge ich hier den Link ein, der die Sängerin zeigt, die für mich das Lied so stark verkörpert hat.
Wie im Himmel
Eugene hat uns einen Himmel auf Erden gezeigt, ich wünsche ihr einen Himmel, der ihr beweist, dass sie richtig gelegen ist. Sartre sagt: die Hölle, das sind die anderen. Eugene hat sich um den Himmel für uns bemüht.
Meine Gedanken gelten auch ihrem Mann.
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g a g a - 25. Okt, 18:57

Ja. Man sagt gerne Jammern auf hohem Niveau, wenn der Milchschaum die falsche Konsistenz hat. Oder wenn die Strompreise erhöht werden, und man tatsächlich immer noch auf nichts verzichten muss. Oder ein vergänglicher Pickel am Arsch das Wohlbefinden sehr vorübergehend beeinträchtigt. Oder ein Film nicht unseren Maßstäben genügt. Eugenie hat nie gejammert. Auf keinem Niveau. Nicht, wenn es um sie selbst ging. Sie hat die Schönheit und die Liebe, die um sie war und ist, wahrgenommen. Sie war nicht gesund aber sie wurde geliebt wie kaum eine andere. Und ich ganz vorne mit dabei. Wenn auch aus virtueller Ferne. Unendlich viel könnte man über sie schreiben und wie verliebt man nicht nur in ihr schönes Gesicht, ihren wachen Blick war, sondern auch in ihren unvergleichlichen Scharfsinn und tiefschwarzen Humor. Zu Eugenie passt keine Vergangenheitsform. Manche Seelen sind so stark und unvergänglich, dass ihr Fußabdruck ewig in den Herzen weiterlebt.

steppenhund - 26. Okt, 10:07

... starke Seele ... Das drückt es wohl aus.
rosmarin - 25. Okt, 20:57

lieber stepp....
ich - die immmer nur gelesen - nie kommentiert hat.... finde diesen text ganz wundervoll und treffend.
wie schön.
und...ja.... der mann...

steppenhund - 26. Okt, 10:08

Auch wenn der Anlass ein trauriger ist, ich freue mich, wenn einmal ein Eintrag, der keine Beschimpfung ist, Beifall erweckt:)
Teresa HzW - 26. Okt, 11:59

:'(

.

testsiegerin - 26. Okt, 14:56

Das hast du ganz wunderbar und treffend geschrieben. Danke

Jossele - 28. Okt, 09:26

Diesen treffenden Worten ist eigentlich nichts hinzu zu fügen...

steppenhund - 28. Okt, 12:07

ad Jossele und Testsiegerin.
Es finden sich unzählige Nachrufe, jeder einzelne spiegelt dieselbe Aussage wieder. E. war eine Gebende.
Daher war es mir ein Anliegen, selber etwas zu verfassen. Ansonsten hätte ich auch gut und gerne ein paar Punkte . . . bei anderen BlogkollegInnen vergeben können.
Jossele - 28. Okt, 15:25

... Na und genau deshalb schätze ich dich und deinen Blog.
Die Tastatur präzise anschlagend...

(Hab ich ja, ich hab gepunktet und geschrieben, aber eigentlich kaum treffend. Wie auch?)
steppenhund - 28. Okt, 18:16

Und Jossele! Hast Du mein Mail bezüglich Einladung gar nicht erhalten? Oder hatte ich mich zu unklar ausgedrueckt?
bonanzaMARGOT - 28. Okt, 16:26

auch blogger sterben - und die gefühlsbekundungen zeigen doch, dass es auch im virtuellen raum um das echte leben geht.

diefrogg - 29. Okt, 21:09

Das ist ein sehr...

treffender Beitrag! Ich kann mich da nur anschliessen. Ich habe viel von Frau Faust gelernt. Ich vermisse sie. Danke Ihnen!

dus - 20. Nov, 18:17

<3

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Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
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