28
Nov
2010

Next Step

After the concert on November 17th, I got new contracts:) Well, using the word contracts is a little bit exaggerating. I don't get any money for it. But 2011 could be governed by playing three different pieces. Brahms Cello-Sonata in e-minor, Brahms quintett and a piano piece for four hands written by a contemporary composer.
The Brahms quintett is still in negotiation, the other strings don't know yet about it.
But today I have started to practice the cello sonata again. I love this piece.


The recording by J. Du Pré and Daniel Barenboim unfortunately is cut off before the reprise.

Here is the other part.


But anyway, today I practised two hours on minute 4:30 - 6:50.
I have already played this once but just for private pleasure not for public performance. So practicing has to be done in a different mode.

The second movement troubles me in the middle part.
http://www.youtube.com/watch?v=65rJq5awk9g
But it really is not so difficult, technically.

The third movement is tricky:
http://www.youtube.com/watch?v=uMiCBGUQVJg
But I like it so much that practicing is not a problem. This movement comes to me very easily. The coda will be difficult, but that's just one page.

I am looking forward to a very challenging year, considering that I am an amateur:)
read 302 times

PISA-Test und Menschenbilder

Eben höre ich "Menschenbilder", eine Serie, in der Ö1 bestimmte Personen vorstellt. Manchmal stelle ich mir vor, dass dies ein Lebensziel sein könnte, - ein reduziertes. Nicht den Nobelpreis zu erringen, aber in Menschenbilder vorzukommen.
Heute mit Elfriede Schweiger: ehemalige Mathematiklehrerin führt Jugendliche dem Theater zu. "Jugendliche Freude der Salzburger Festspiele"
Bis jetzt habe ich noch kein einziges Menschenbild gehört, wo ich mir nicht gedacht habe, "das könnte ich nicht vorweisen." (Doppelte Verneinung: heißt soviel, zu allen kann ich nur ehrfürchtig aufschauen.)
Aber es gibt ja noch ein Leben nach dem Beruf, wie ich jetzt gerade höre. Vielleicht kann ich einmal ähnlich wie mein Vater, junge Leute zu klassischer Musik hinführen - oder auch ältere.
-
Aber eigentlich wollte ich über PISA schreiben. In der heutigen "Presse" ist ein "PISA-Test zum Selbermachen" vorgestellt, der neun Fragen beinhaltet. Die Fragen sind nicht die echten PISA-Fragen, sollen aber angeblich im Schwierigkeitsgrad entsprechen. Die Fragen richten sich an 15-16-Jährige. Also offengestanden musste ich selber genau nachdenken, wie die Lösungen aussehen.
Bei der Mathematikaufgabe #2 finde ich die zweite Frage etwas gemein. Man könnte da durchaus zwischen zwei Lösungen schwanken.
Die Lese-Kompetenz wird mit einer sehr netten Geschichte getestet. Die Frage B ist entweder ganz einfach, oder für manche vermutlich nicht lösbar:)
Die naturwissenschaftlichen Fragen (3 Stück) betreffen Impfung. Sie sind nicht schwer, aber es hängt wirklich davon ab, ob es bereits in Naturwissenschaft gelehrt wurde, oder ob das Elternhaus diese Art von Wissen aus dem täglichen Leben aktiv fördert.
Ich würde mich folgendes zu behaupten trauen:
Von meinen Studenten, die aus HTLs kommen, sind mindestens 30% nicht in der Lage, alle neun Fragen fehlerfrei zu beantworten.
Und es kommt mir so vor, dass auch die Fragen aus Mathematik und Naturwissenschaft in erster Linie mit Leseschwäche zusammenhängen.
-
In einem anderen Kontext möchte ich einmal darüber nachdenken, wie die Themen Migration, Armut, Bildung, Politik und Demokratie kausal zusammen hängen.
Für mich stellt sich das so dar, dass die Armut vielleicht im Migrantenumfeld stärker besetzt ist, dass aber auch bei "natives" die Armut sämtliche anderen Aspekte beeinflusst, bis hin zu dem Effekt, dass Demokratie sich wieder mit Migration beschäftigen muss.
Damit kommen wir in einen Teufelskreis. Das bedeutet nun nicht, dass Migration das Problem darstellt. Es geht um einen Gleichgewichtszustand und der betrifft sowohl Geld als auch Bildung. Ein Land wie Österreich könnte da sehr viel erreichen und verscheisst sich eine Chance nach der anderen.
So schaut es aus!
read 539 times

27
Nov
2010

3. Fortsetzung 1784

Was zuvor geschah

Seite 7,8,9 von 33


Wenn Seferle während des kurzen Sommers, der sich in aller Pracht entfaltete, täglich auf ihrer Weide sass, nahte sich alsbald ein würdiger alter Geistlicher, Herr Pritz, der Kaplan des Dorfes, mit einem Gebethbuche in der linken, einer Peitsche in der rechten Hand, der, nachdem er die Messe gelesen, seine einzige Kuh auf die Weide führte. Er stellte sich dann gewöhnlich an den Zahn, der beide Plätze trennte, und sagte zur Kleinen mit salbungsvoller Stimme: „Alle’t beathe, all’t beathe, Sputele! (Alle Zeit bethen, Kind), es kimmt a lange, lange Ewigkeit!“ Dann öffnete er sein Buch und vertiefte sich in seine Lektüre, das Kind staunte ihn von der Seite an, und bethete wie ihr geheissen wurde; die Kühe schlossen halb die Augen, und besorgten ihre Wiederkäuungs-Geschäfte.
Die geneigten Leser werden sich noch des Fremden erinnern, der die Kunst des Spinnens in die dortigen Gegenden pflanzte, und sich nach Erreichung seines edlen Zweckes in andere begab, um sein schönes Wert der Barmherzigkeit auf die uneigennützigste Art im wahren christlichen Sinne fortzusetzen. Bald nahm nun ein unternehmender Mann diesen Geschäftszweig in grösserem Masstabe auf, liess in Weiler und in der Umgebung die Weiber den Winter hindurch fleissig spinnjen, und errichtete eine kleine Niederlage in einer Kammer des Schusterhauses, zufällig gerade neben der, in welcher das Kind jener Frau schlief, die den Impuls dazu gegeben! Hier war oft des Sommers hindurch ein grosser Vorrath aufgespeichert, den Herr Rädler, so hiess der Industrielle, bis auf Winterszeit fast gänzlich ausverkaufte, um dann wieder frische Wolle spinnen zu lassen, und sich auf diese Art ein immer beträchtlicheres Vermögen zu sammeln. Noch sind seine Nachkommen die Träger mehrer reellen und grossartigen Spinnerei-Firmen in Oesterreich.
IV.

Um ein Jahr älter, um keinen ganzen Zoll grösser, diente unser Sputele bei Murer Hans, dessen Häuschen auf einem Hügel des Nazaberges stand. Die Familie bestand aus Mann und Weib, ruhige, alte, ernste Leute, deren Thun und Lassen sich seit dem Tode ihres Sohnes Hansjörgele immer im selben Geleise fortbewegte, bis ein Ereigniss geheimnissvoller und romantischer Art die Ruhe der Wirtschaft auf kurze Zeit störte.
Die Leute erhielten einen Brief von unbekannter Hand, und da ein solcher etwas Unerhörtes war, trugen sie lange Bedenken, ihn zu erbrechen. Endlich that sich der Mann Gewalt an, das Siegel war gelöset, und - niegesehene Hierogliphen starrten die Verwunderten an. Nach einer verlegenen Pause fiel dem Weibe ein: „Kuhsputeles Mutter kann lesen!“ Kuhsputeles Mutter war flugs herbeigeholt, und entzifferte bald das kurze Schreiben.
Darinnen stand, dass sich kommende Nacht, Schlag 12 Uhr, die beiden Alten auf dem Kreuzwege im Wald bei Scheidegg einfinden sollten, um aus der Hand einer verschleierten, in einer Kutsche sitzenden Dame ein lebendes Kind zu empfangen. Hiebei sollten sie sich jedes Fragens oder Sprechens entschlagen.
Da noch dabei bemerkt war, es solle nicht ihr Schade sein, sich pünktlich einzustellen, entschlossen sich nach langem Zaudern die Bauersleute, dieser Weisung Folge zu leisten.
Sie machten sich auch, als die Glocke elf schlug, auf den Weg; mit Zittern und Bangen sah das auf dem Dachstübchen in dem einsamen Häuschen ganz allein gelassene Kind die alten Leute sich in der Richtung gegen den nahen Wald entfernen. Hell schien der Mond, lange konnte Seferle die beiden Gestalten mit den Augen verfolgen, bis sie zwischen den hohen Bäumen verschwanden.
Nach Verlauf von drei Stunden kamen die beiden Alten mit dem schreienden Beweis, dass der Brief wahr gesprochen, nebst einem Bündel feiner Wäsche zu Hause, dabei fand sich nebst einem Zettel, laut welchem das drei Monat alte Kind noch nicht getauft war, ein ansehnlicher Geldbetrag, der Pfarrer wurde in die Mitwissenschaft gezogen, das Kindlein Fundus getauft, und nun hatte Seferle die Aufsicht über ein zweites Wesen zu übernehmen.
Es war ein wunderschönes Kind, dessen Züge von edler Abkunft zeigten. Später wurde es, vielleicht schon an mildere Sorge oder an milderes Klima gewühnt, kränklich, und starb nach langem Leiden, ohne dass sich irgend wer jemals mehr darum bekümmert hätte.
In einer finsteren Nacht wurde plötzlich das ärmliche Dachzimmer, worin Seferle von schönen Dingen träumte, durch hellen Schein erleuchtet; diese sprang erscheckt mit beiden Füsschen zugleich aus ihrem Bette.
Da vereinte sich das Läuten der Sturmglocke mit anderm verworrenen Lärm, kein Zweifel, es brantte im Dorfe! Seferle eit an’s Fenster, und siehe, einie 1000 Schritte vom Hause stand die Mühle zu Rothach in hellen Flammen.
Sie neigte sich so tief als möglich aus dem Fenster und rief mit zarter Stimme, um die Leute nicht zu sehr zu erschrecken, hinab: „Hans Jörgerle, Hans Jörgerle! In der Mühle z’Rothach brinnt’s!“ Bald hörte sie unten murmelnde Stimmen, die Alten standen auf, zogen sich an, und wieder sah Seferle die Leute bei Nacht aus dem Hause gehen, die beiden Kinder sich allein überlassend. Doch hatte das fremde Schauspiel etwas Anziehendes für Seferle, das sie von der eigenen, gefahrvollen Lage abwandte. Bald krachte das obere Stockwerk der Mühle und stürzte mit fürchterlichem Getöse zusammen. Sprang eine Gans oder ein Schwein, vom Feuer angezogen, in dasselbe hinein, da prasselte es frisch und lustig von neuem empor, die Brunst verzehrte das ganzeGebäude bis auf den Grund nebst allen Vieh, aller Einrichtung, das im Keller verwahrte Silber lag des anderen Morgens in wenig geschmolzenen Klumpen herum.
Gleich bei Beginn des Feuers bemerkte Seferle einen Mann beim Hause vorbei der Mühle zu fliegen, die Hände schlug er oftmals über den Kopf zusammen, und jammerte: Jesus Maria, Jesus Maria.
Es war der reiche Müller selbst, der einige Stunden vorher im Wirthshause äusserte: „Wenn mir heute Haus und Hof verbrinnt, bin ich doch noch reicher als Ihr Wilhoimer All‘!“
Als aber darauf die Wirthin mit den Worten in’s Gastzimmer trat: „He Müller, in Deiner Gegend brinnts, „ entgegnete der Prahlhans: „Es wird wohl so a Beattler Hütte sein, mein Alewise (Alis) hat mir schon oft versprochen, alle anzünden z’wollen.“ Es standen nämlich um seine Mühle fünf oder sechs arme Keuschen.
Als aber dann die Kunde kam, diese selbst brenne, da stand der zum Tode erschrockenen Mann auf, und schlich ohne ein Wort mehr zu verlieren zur Thüre hinaus. Draussen jedoch eilte er seinem bedrohten Eigenthum mit schnelleren Schritten zu, und stürzte beim Anblick der rauchenden Trümmer überwätigt zusammen.
Vieles hätte gerettet werden können, viel hätte dem Brande Einhalt gethan werden können, aber der Müller war theils seines Reichthums, theils seiner Prahlsucht wegen verhasst, und so umstanden die Weilheimer plaudern die brennende Stätte, und zündeten lachend ihre Pfeifen mit den glühenden Kohlen an, ohne eine Hand zum Retten zu heben.
Des andern Morgens war der Müller ein Bettler.
Der Brand war in Folge der Unvorsichtigkeit eben desselben Alwise ausgebrochen, der so frech sich brüstete, andern eine Grube graben zu wollen. In der Hütte nebenan wohnte nämlich eine arme Familie, deren Oberhaupt diesen Abend betrunken nach Hause kam, und aus Gewohnheit seine Ehehälfte arg durchprügelte. Alewise hatte gerade im Stalle die Pferde gefüttert, als das Geschrei des Weibes herübertönte. Er hing die Laterne an einen Nagel, und schlich sich zum Nachbarfenster, und sah eine Zeitlang dem Kosen der Eheleute zu. Mittlerweile war die Kerze herabgebrannt, fiel auf’s Stroh und im Nu stand der Stall in hellen Flammen, nicht ein Pferd konnte mehr gerettet werden.
Wir leissen unser armes Sputele allein.
Bald nach dem Fortgehen des Maurers und seines Weibes, hörte es unter an der Thür heftig rütteln, als ob Jemand diese mit Gewalt öffnen wollte, da kletterte Seferle in fürchterlicher Angst, da sie der Finsterniss wegen unten nichts unterscheiden konnte, auf das Fensterchen, fest Willens, bei einem Eindringen eines Räubers in ihre nur durch das Strumpfbändle zugehaltene Behausung auf den Klafter tief unten liegenden Düngerhaufen hinabzuspringen. Nach einigen peinlichen Minuten hörte sie mit erleichtertem Herzen deutlich den Störenfried sich entfernen.
Erst des andern Tages klärte sich der Vorfall auf, das Weib kehrte auf halben Wege um, um etwas Vergessenes zu holen, konnte aber nicht hinein, da der Mann die Schalle abgezogen und zu sich gesteckt hatte, versuchte sich aber dennoch durch vielles Rütteln an der Thüre Eingang zu verschaffen, was ihr jedoch, wie wir gesehen haben, nicht gelang, und was vielleicht ein Menschenleben gekostet hätte. –

V.
Zwei Sommer diente Seferle bei Maurer Hans Jörgerle, das nächste Jahr beim Küfer.
Hier war es schon etwas schwieriger. Der Küfer war ein vermöglicher Bauer, dessen Kuhsputele 6 Stück Vieh unter Aufsicht halten musste.
Er war ein kleiner heiterer Mann, sein Weib eine grosse ernste Frau, von unheimlichem Benehmen.
Eines Morgens sagte Sirene, die Tochter zu Seferle: „Treib heute die Kühe auf die Weide am Littebiehl.“
„Am Nazaberg!“ entgegnete hastig die Mutter, „nein, am Littebiehl, „wiederholte die Tochter, und „am Nazaberg“ wollte die Alte.
So stritten die beiden Frauen, und Sputele wusste nicht, wem folgen.
Plötzlich stiess die Mutter einen gellenden Schrei aus, der Schaum trat ihr auf die blutigen Lippen, mit entsetzlichen Geberden wand sie sich auf der Erde.
Das Kind floh erschreckt aus der Stube, und trieb die Kühe auf neutralen Boden, als es Abends mit seinen gehörnten Unterthanen nach Hause kam, war Alles wieder in seinem gewohnten Gange, nur sah die Frau noch bleicher, noch ernster aus. Öftere Male wiederholte sich dieser grässliche Zustand, ein qualvoller Anblick für das gunge Geschöpf.
Die Mutter wohnte jetzt in einer Hütte des Thales, die Hafnerhütte genannt. Zu beiden Seiten des Thales erhoben sich die Berge, auf denen sich die Weiden ihrer jüngsten Kinder Seferle und Wilibald befanden.
Alle Samstage erhielten beide Kinder von ihren betreffend Herren Butterbrot. Da liefen die braven Kleinen auf ihre Weiden, von wo sie einander sehen konnten und die frischen Stimmer johlten: „Jopahleh! Hast schon z’Morge ‚gesse?“ Zurück kam die Antwort: „Jopahleh! Grad hab i’s g’schmalz’ne Brödle kriegt!“ Worauf hinüber telegrafirt wurde: „Jopaleh! D’vorig Woch hast Du’s gschmalzne Brödle dem Muatterle bracht, heut‘ bring‘ ich’s!“ „Jopahleh,“ tönte es von drüben als Einwilligung, und etgegen flogen sich die Geschwister, das eine Kind, an dem heute die Reihe war, nahm des andern Butterbrot, klebte beide zusammen, und lief, was die Füsschen konnten, den Berg hinab zur theuern Mutter. Die nahm eine Schale, kratzte mit einem Messer die Butter ab, mit welcher sie sich die ganze kommende Woche die Wassersuppe fett machte, gab das Brot dem Kinde zurück, und nach einem herzlichen Abschied lief dasselbe wieder dem Dienstorte zu. Auf dem Wege dahin verzehrte es mit wahrer Wollust das noch immer fette Brötchen.
Gottes reichster Segen überschütte Euch, theure Kinder, dachte die gerührte Mutter, dem Kinde so lange nachsehend, bis es verschwunden war, dann blickte sie stolz und dankbar gegen Himmel.

Fortsetzung
read 642 times

ebenfalls Familie

Vorab: keine Sorge - die Geschichte wird fortgesetzt.
Dieser Eintrag heute ist ein sehr persönlicher, der einen traurigen Anlass hat. Die Mutter einer Bloggerin ist gestorben. Über den schlechten Allgemeinzustand wurde bereits vorher gebloggt. Ich kenne die Familie nicht gut genug, um die Situation des relativ plötzlich eingetretenen Todesfalls richtig zu kommentieren. Ich komme daher über die bloße Beileidsformel nicht hinaus.
Das bedeutet allerdings nicht, dass ich nicht meine Gedanken um die Bloggerin kreisen lasse und versuche mir auszumalen, wie sie jetzt empfindet. Es gibt da schließlich auch noch einen pflegebedürftigen Vater, der ebenfalls damit fertig werden muss.
-
Ich wollte einen bestimmten Teil einer Musik ins Internet stellen, aber er wird nicht so, dass ich ihn wirklich veröffentlichen mag. Das Werk gibt oder besser gab es nicht, bis ich heute noch einmal einen Versuch unternahm. Und tatsächlich findet sich jetzt der erste Satz der 4. Symphonie Schmidt im Internet. (Ich wollte an sich das Adagio hineinstellen, aber der erste Satz tut es auch. Warum, darüber später. Und der Link findet sich ganz am Schluss.)
Die 4. Symphonie hat Franz Schmidt auf den Tod seiner Tochter geschrieben, unter dem er sehr gelitten hat. Es gibt ein Zitat von ihm: "(er wollte) die letzte Musik schreiben, die man hört, während man ins Jenseits geht."
Und diesen Wunsch konnte er wohl realisieren. Über Musikgeschmack lässt sich genauso streiten wie über andere Geschmäcker. Fest steht, dass das Adagio (der Trauermarsch) noch etwas trauriger ist als alle anderen bekannten Trauermärsche (Chopin und Mahler durchaus berücksichtigt). Und die schönen Stellen sind noch schöner als andere Stellen (Strauss und Beethoven, Prokovief und Ravel durchaus berücksichtigt)
Wie gesagt, das ist eine subjektive Bewertung, die allerdings in unserer Famile noch eine weitere Ausdehnung hatte.
Mein Vater war in Franz Schmidt vernarrt, war sehr unglücklich, dass er ihn nicht als Schüler angenommen hatte. ("Was? Sie studieren an der Technik und an der Musikakademie gleichzeitig? Ich kann sie da nicht als Schüler annehmen. Ich will reine Musiker." Etwas ruppig vorgebracht. Mein Vater war letztlich Bauingenieur, in den letzten Jahren hielt er Musikvorträge, ähnlich wie Marcel Prawy. Von seinen Musikstudien habe ich viel profitiert.)

Als mein Vater starb, spielte ich zu seinem Begräbnis einige Stücke, die er selbst für das Klavier transkribiert hatte. Die klangen auch auf dem Harmonium in der Friedhofshalle recht gut.
-
Auch meine Mutter mochte Schmidt. Natürlich mochte sie meinen Vater und seine Begeisterung konnte auf sie übergeschwappt sein. Doch das ist nicht die wichtige Komponente. Meine Mutter war ebenfalls sehr musikalisch, spielte in den jungen Jahren ihrer Ehe mit meinem Vater vierhändig und war für den Tristan von Wagner genauso aufgeschlossen wie für Franz Lehar.
Die vierte Symphonie mochte sie, wollte aber nicht, dass man sie auf Platte auflegte. Sie musste sofort zu weinen anfangen, sobald sie den Anfang hörte - und dann natürlich in der Fortsetzung auch noch. Es ist dies eine Eigenschaft, die ich an meiner Mutter liebe. An die ich mich heute noch - mehr mit Freude als mit Wehmut - erinnere. Da gibt es eine Verbindung, ein unausgesprochenes Einverständnis, dass die Musik in der gleichen Stimmung gehört wird, wie ich sie höre. Da gibt es Verwandtschaft, ein Wiederfinden. "Diese Musik ist so traurig, die kann ich mir nicht anhören." waren manchmal ihre Worte, wenn ganz selten die Platte (mit einem blauen Umschlag) doch aufgelegt wurde oder zufällig im Radio gespielt wurde, was in Österreich ja ab und zu mal vorkommen mag.
Ich hatte Schwierigkeiten zu erkennen, dass mich meine Mutter liebte. Ich hatte das Gefühl, nur wegen meiner Leistungen geliebt zu werden. Erst zehn Jahre nach ihrem Tod - das ist jetzt auch schon wieder fast zehn Jahre her - , wobei das Umdenken aber durch die sehr gute Begräbnisansprache des Priesters ausgelöst worden war, veränderte ich meine Haltung und fand vielleicht aus der Rolle "guter Sohn spielen" in die Rolle "liebender Sohn sein", was sinnvoll wäre, wenn sie noch leben würde.
-
"In Wien musst erst tot sein, damit du was wirst." Diesen Satz hört man oft, wenn man über Künstler spricht. Es ist wohl die Krux der meisten Menschen, (es gibt ja auch durchaus Ausnahmen) dass der Wert eines Menschen oder eines Umstandes erst dann festgestellt wird, wenn man sich mit dem Vermissen auseinandersetzen muss.
-
Zum Schluss kommend möchte ich bemerken, dass fernab jeder religiösen Interpretation, Menschen für mich nicht sterben. Sie gehen in eine andere Welt oder sie werden transformiert. Wenn es so etwas wie bewusste Seelen (oder von mir aus auch unbewusste Seelen) gibt, so bleiben sie erhalten. Anders ist die Wirkung der Gedanken an die Vorfahren kaum für mich zu erklären. Es fängt ja schon damit an, dass man besser verstehen lernt, wenn man selbst in das Alter kommt, in dem man seine Eltern oder Grosseltern als Kind erlebt hat. Aber es trifft auch auf Menschen zu, die man in seinem Leben nie getroffen hat.
-
Und so wünsche ich der Bloggerin, dass sie trotz der beschriebenen schwierigen Lebensumstände jene Entwicklung erfahren kann, nach der die Vergangenheit von den positiven statt den negativen Erinnerungen bestimmt wird. Die Zeit heilt hier nicht Wunden sondern sie ermöglicht die ruhige Reflexion, die nicht durch aktuelle Katastrophen beeinträchtigt ist. Und auf diese Weise können möglicherweise auch ganz starre, ererbte Verhaltensmuster aufgeweicht werden.
-
Und hier die Musik:

read 1005 times

25
Nov
2010

2. Fortsetzung 1784

Was zuvor geschah

Seite 5,6 von 33


Anhängig wurde auch dieser Prozess gemacht, fortgeführt durch lange Jahre, aber ausgefochten haben ihn – die Franzosen, wie wir später sehen werden. Nun kam noch der fatale Umstand hinzu, dass der reiche Richter vielen Häuslern Geld geliehen, daher Niemand den, dem Herrn Feuerle verhassten Leuten Obdacht geben wollte, um nicht das Kapital gekündigt zu sehen; diese rafften demnach ihr Letztes zusammen, kauften (natürlich mit Schulden) eine kleine Hütte ausser dem Dorfe, und lebten hier kümmerlich. Dabei ware sie so herabgekommen, dass auf einen Erwerb gedacht werden musste.
Schon während ihres Wirthsbetriebes kam einmal ein Reisender mit Nahmen Leutnant in die Krone, nachdem er die Wirthin um Verschiedenes befragte und erfuhr, dass die im Durchschnitte sehr arme Bevölkerung fast ohne andere Erwerbsquellen und Beschäftigung sei, als die Bearbeitung des Feldes, liess er einen Dreher (Drechsler) kommen, zeichnete mit Kreide auf den Tisch ein Spinnrad sammt Bestandtheilen, und lehrte dann von dem ganz gut verfertigten Rocken dem jungen, unternehmendem Weibe das Spinnen, worin sie es bald zur Meisterschaft bracht, und diese Kunst auch den übrigen Weibern beibringen konnte.
Der Fremde kam dann oft in’s Ort, brachte Wolle mit, welche er an die Frauen vertheilte, die es ihm gesponnen zurückerstatten mussten, wofür er ihnen annehmbaren Spinnerlohn bezahlte.
Auf diese humane Art brachte Leutnant diesen Industriezweig in jene Gegenden, wodurch die Weiber und kleinsten Kinder im Stande waren, sich den Winter über angenehmen und leichten Verdienst zu verschaffen.
Ein Glück nun war es für das arme herabgekommene Weib, sich und ihre Kinder durch’s fleissige Drehen des Spinnrädchens, wohl kümmerlich ernähren zu können, während der Mann seine Reisen nach Wien auf fremden Schiffen fortsetzte, wobei er durch die anstrengende Handhabung des Steuers seinen Unterhalt erlangte.
In dieser Hütte nun lebten sie mehrere Jahre und bekamen sechs Kinder, die kam fünf Jahre alt, des Sommers Kühe auf fremden Weiden hüthen, des Winters aber neben schwachem Schulbesuche fleissig spinnen mussten. Die Kleinen erhielten in der Taufe dort übliche Namen: Amandus, Crescenzia, Machares, Hieronimus, Judith, Barbara, Willibald bis auf das zuletzt geborne Mädchen Josefa, der eigentlichen Heldin unserer Geschichte, der wir ein neues Kapitel widmen wollen.

II.

S E F E R L E

Unter Donner und Blitz, unter den ungünstigsten Aussichten erblickte Seferle das Licht dieser Welt, und erhielt nebst der wenig nährenden Brust der Muter den unabweisbaren Zulp, den jedoch die Philosophie der letzteren nicht etwas mit Kandis oder Marzipan, sondern einfach mit Kartoffeln füllte, der aber nichts desto weniger dazu beitrug, den kleinen Schreihals zum Schweigen zu bringen. In erster dunkler Erinnerung des Kindes schwebt die Abreise der beiden ältesten Brüder Amandus und Hieronimus, die ihrer Militärpflicht Genüge leisten mussten. Der Vater begleitete beide nach Wien. Sie neigten sich zu gleicher Zeit über das armselige Bettchen ihres Schwesterchens, und zwei heisse Thränen fielen zu gleicher Zeit auf beide Wangen des Mädchens.
Hieronimus fand bald in Belgrad im Spital seinen Tod, während Amandus nach dreizehnjähriger Dienstzeit, mit der silbernen und goldenen Tapferkeits-Medaille geschmückt, in der Schlacht bei Genua, in welcher er als Offizier freiwillig statt eines Kameraden ging, von einer Kanonenkugel mitten entzwei gerissen wurde.
Die zweite Erinnerung des Kindes umfasst die Erscheinung zweier Herren des Gerichtes, die die Pfändung der Hütte vorzunehmen hatten, da Stasel die Interessen für das ihr zu deren Ankauf vorgestreckte Kapital nicht aufzutreiben vermochte. „Jetzt ist’s Ernst, Stasel, „ meinten die Organe des Gerichtes, und unter bittern Thränen nahm diese Abschied von ihrem liebgewordenem Häuschen. Erstaunt erblickte Seferle, das sich zur Schürze der Mutter geflüchtet hatte, dem Treiben der beiden Männer zu, und fühlte die Zähren der Mutter tropfenweise auf den Scheitel fallen.
Gegen Abend wandert nun die von ihrem Herde gestossene Familie weiter, und findet bei einer mitleidigen Frau in einem Schoppen Unterstand. Nachts jedoch kommt halbbetrunken der Herr des Hauses, ein Hauptschuldner des inzwischen durch Stasels Umtriebe abgesetzten Richters, und tobt fürchterlich, als er von der neuen Einquartirung hört.
Vergebens war das Flehen der Armen, noch in der Nacht musste Stasel mit ihren Kindern den Wanderstab ergreifen und planlos weiter ziehen.
Wie bitter musste ein solches Leben der einstmal so angesehenen Brauerstochter erscheinen, wie viele Thränen kostete ihr in mütterlicher Selbstvergessenheit das Schicksal ihrer geliebten Kinder, das sie sich vielleicht früher glänzend ausgemalt haben mochte.
Nach langem Herumirren gelang es endlich des andern Tages der Armen, eine Wohnung in Premaried, eine halbe Stunde von Weiler entfernt, zu finden.
Sie bestand aus einem Dachstübchen; zu ebener Erde wohnten die Hausleute, und hier unten stand der grosse Ofen; ober diesem war ein Schieber angebracht, durch den die Wärme im Winter in die obern Regionen dringen sollte, die Leute unten liessen jedoch beständig den Schieber zu, und so verbrachte die arme Familie vor Hunger, Frost und Entkräftung einen förmlichen Winterschlaf, das Spinnen wollte mit den starren Fingern nicht recht vor sich gehen, bis das dort späte Frühjahr mit seinen erwärmenden Strahlen ersehnte Erlösung brachte. Die Kinder mussten sich jetzt bei Bauern verdingen und Vieh auf die Weiden treiben, die Mutter machte mit ihrme Gespunste kleine Reisen in die Umgegend, und hatte wenigstens nur für sich allein zu sorgen.
Auch unser winziges, kaum etwas über vier Jahre altes Sputele, musste die Aufsicht über eine fremde Kuh übernehmen, und sonderbar genug nahm sich die kleine Gebietherin aus, wenn sie mit ihrem Peitschchen das grosse Thier abzuhalten bemüht war, über den Zaun zu springen, um sich mit einer Nachbarin zu unterhalten.

III.

Das erste Jahr diente Seferle bei einem Schuhmacher, der sich in seinen Mussestunden mit Fangen der Mäuse beschäftifgte, daher ihm die Gewohnheit des Ortes mit dem Spitznahmen „Muser“ beehrte. Seinen eigentlichen Nahmen hörte man nie aussprechen.
Bei dieser Gelegenheit sei erlaubt, einer sonderbaren Art von Umschreibungen der Nahmen zu erwähnen, mit der sich die Leute bezeichneten. So wurde z.B. eine Frau Nahmens Barbara allgemein „Bärbele’s Man Wib,“ (Das Weib von Bärbels Mann) genannt, Murer’s Hans Hansjörgele war der Sohn eines Maurers, der seinen Familiennahmen vielleicht selbst nicht wusste.
Bease Josef wurde so genannt, weil er vom Besenbinden lebte. Dieser ein blödsinniger Bursche, wohnte eine Stunde ausser dem Dorfe. Einst war der Vater schwer krank, Josef lud ihn auf den Schlitten um ihn in die Kirche zu Weiler mit den Sterbesakramente versehen zu lassen; als er jedoch zur Pforte kam, bemerkte er zu seinem Schrecken, dass er den Vater verloren hatte; er kehrte sogleich zurück, und fand den armen alten Mann eine Strecke weit halbtodt im Schnee liegen; leider erzählt die Chronik nicht ,ob er dabei zu Grunde ging oder ob nicht etwa diese unfreiwillige Kaltkur eine Reaction in seiner Krankheit herbeigeführt habe.
I ndem Hause, in welchem der Böde seinen luftigen Wohnsitz auf hohen Dachfirste aufgeschlagen, diente Judith, die älteste Schwester Seferle’s, und wurde von den Mitbewohnern scherzweise stets das Bräutle Bease Josefles genannt, in welchem Scherz sie auch wacker einstimmte, den aber der Arme in seiner unglücklichen Einfalt für bare Münze nahm. Eines Sonntags jedoch kam dieser aufgeregt und verstört aus der Vesper nach Hause, warf ingrimmig Jacke und Hut auf den Tisch, und setzte sich schmollend in den entferntesten Winkel des Zimmers. Befragt von den Anwesen über sein sonderbares Benehmen, lalllte er mit stotternder Zunge: „Ju – Ju – Judithle, mit uns Zwei ist’s nichts!“ „Ja warum das?“ frugen ihn alle mit verstelltem Staunen und verbissenem Lachen, Judith mit scheinbarer Traurigkeit. „Ich ging heute hinter Dir aus der Kirche,“ erklärte nun Josef, „und sah Dich über einen groossen Hufnagel steigen, ohne dass Du ihn aufhobst, das gibt keine gute Wirtschaftlerin!“
Ein Glück, dass er nach diesen Worten das Zimmer verliess, denn das Gelächter brach nun los, und Judith hatte noch lange Zeit Witze und Sticheleien zu ertragen. Bease Josef aber lachte nie wieder.
Wenden wir uns wieder unserer Geschichte zu.


Fortsetzung
read 694 times

24
Nov
2010

1. Fortsetzung 1784

Was zuvor geschah...

Seite 3,4 von 33


Man munkelte nämlich, die geheuchelte Liebe Judith’s zum assirischen Feldherrn sei hinter den Coulissen in eine zärtliche und wirkliche verwandelt worden.
Die Weilheimer aber liessen sich so leichten Kaufs nicht abweisen, sondern versprachen dem Haas, der sich oft rühmte, überall in Wien, selbst bei Hofe ganz gut angeschrieben zu sein, dreihundert Gulden Belohnung, wenn er vom Kaiser selbst die Erlaubniss dazu einholte.
Dreihundert Gulden! Das liess sich der nicht zweimal sagen, nichts war dem Manne erwünschter; in wenigen Tagen schon ruderte er gegen Wien, wo er alsbald sich zur Audienz meldete, und ein vom Schulmeister schön geschriebenes Memoriale, in welchem auf die ungeheuren Verdienste des Ortes angespielt war, und die Erfüllung des heiss ersehnten Wunsches ein Gnadenpfennig genannt wurde, erfurchtsvoll überreichte.
Lächelnd liess sich der Kaiser den etwas sonderbaren Wunsch vortragen,klopfte dann Haas vertraulich auf die Achsel, und sagte: „Nun Ihr’s als ein‘ Gnadenpfennig annehmen wollt, soll’s Euch bewilligt sein.“
Mit welchen Gefühlen Haas seine Rückreise mit der zwar kaiserlichen, jedoch bloss mündlich ertheilten Erlaubniss antrat, kann man sich nicht vorstellen. Im Geiste schon zählte er das Geld, und machte hunderterlei Pläne zu dessen Verwendung. Anderseits schmeichelte ihm die Herablassung des „Koischers,“ die er zu Hause in seinem Berichte wohl noch etwas herablassender gemacht haben mochte, als sie in der That gewesen.
Hocherfreut über dieses Resultat, bereitete die Gemeinde schon die Vorstellung auf den nächsten Festtag vor, als ein Rescript von Bregenz folgenden Inhaltes anlangte: „Von Sr. Majestät zwar bewilligt, von der Kreis-Regierung jedoch abgesprochen.“ Die Bauern glotzten einander an, und Haas sah seine schönen Schlösser in der Luft zerfliessen.
Drei Jahre blieb seine Ehe kinderlos, erst im vierten wurde ihm ein Knabe geboren, den er Amandus nannte.
Da traf ein harter Schlag sein thatkräftiges Weib, der Schwiegervater starb, und lange brauchte es, bis der Tochter Schmerz gedämpt war.
Bald sollten noch ärge folgen.
Eines Tages kam Ammann Blum aus Höchst zu Haas und bath ihn, seine zwei Buben gegen gute Bezahlung nach Wien zu bringen, wo sie „schtudieren“ sollten. Gerne war dieser dazu erböthig, gab ihm diese Ursache doch wieder Gelegenheit, seine gute Kaiserstadt zu besuchen.
Während seiner Abwesenheit tauchte plötzlich das Gerücht auf, Haas habe die Amtmann-Buben dem Juden zu kaufen gegeben. Das abgeschmackte Märchen fand bald den Weg zu den Ohren des Vaters, und – wurde von diesem würdigen Beamten auch gleich geglaubt.
Nun brachen der nur schlummernde Nei und die Missgunst mit einem Male über das verlassene Weib hervor, und es begann eine Reihe von Quälereien und Misshandlungen, dass sich die Feder fast sträubt, sie zu erzählen.
Von Seite der Gerichtsbarkeit wurde ihr das im Gasthause von den Zünften hinterlegte Silberzeug weggenommen, man sperrte und versiegelte das Schanklokale, böse Buben zeichneten Galgen auf die geschlossenen Fensterläden, Steine und manchmal brennende Strohbüschel flogen über’s Haus in den Hofraum, und alte Weiber schrien beim Thor hinein: „Gelt, schöne Wirthin, jetzt werden sie Deinen stolzen Mann hängen, der gar die lieben, unschuldigen Kindlein den Christenfeinden verkauft!“ Viele Bewohner des Dorfes machten lieber einen Umweg, als das Haus des Menschenverkäufers zu passiren, oder bekreuzten sich bei dessen Anblick, so dass das geängstigte Weib endlich selbst anfing, diesen Unsinn zu glauben, manche Nacht wandelte sie, da sie sich Tags nicht vor die Thüre zu gehen wagte, ihr Kind auf dem Arme, zum nahen reissenden Bache, ihrem gebrandmarktem Leben ein Ende zu machen; nur ihre tiefgewurzelte Religion hielt sie stets vor diesem verzweifelten Schritte ab.
Endlich kam der Mann zurück. Seiner Gewohnheit gemäss kehrte er bei einem Vetter, der beiläufig tausend Schritte ausser dem Dorfe wohnte, ein, um sich vorerst über den Gesundheitszustand seiner Angehörigen zu erkundigen. Seine Ankunft verbreitet sich mit Blitzesschnelle, und als Haas über die ausweichenden verlegen Antworten und die verwirrte Miene seines Vetters erschreckt, sich erhob, trat Ammann Blum in die Stube.
„Nun,“ sagte dieser, „was machen meine Kinder? Ich hab‘ gehört, Ihr hätt‘ sie dem Jude verkauft.“ Der Angeredete, glaubend, der Vater wolle einen Scherz machen, ging gleich darauf ein, und erwiederte pfiffig lächelnd:
„Ja freilich, ich hab‘ auch ein gut’s Stück Geld dafür kriegt!“ Da öffnete sich abermals die Thüre, und herein traten vier bewaffnete Gerichtsdiener, die den erschrockenen Mann in’s Gefängniss nach Ebenschwand, wo noch „Stock und Deage“ nach dem Ausdrucke der Zeitgenossen herrschte, führten, obwohl er an seiner Behausung vorüber musste, wurde ihm doch nicht gestattet, sein liebes Weib zu begrüssen, zu befragen, zu beruhigen. Stasel sah durch eine Thürspalte den Zug vorübereilen, und stürzte bei diesem entsetzlichen Anblicke ohnmächtig zusammen. Neun volle Wochen schmachtete der geängstigte Mann hinter Schloss und Riegel, während ein Bote vom Gerichte nach Wien reiste, um sich von der Unwahrheit des ausgestreuten Gerüchtes zu überzeugen, und die Kinder unversehrt ihrem Vater wie zurückzubringen, nach welcher Zeit Haas ohne die geringste Genugthuung in Freiheit gesetzt wurde.
Einen interessante Beleg zur damaligen und dortigen Gerichtspflege liefert der Umstand, dass schon während der Haft des vermeintlen Kinderhändlers der Richter von Weiler, ein einst abgewiesener Freier des Bräumeistertöchterlein und mithin Erzfein des Haas, alles Bewegliche fortschaffen liess und seinem Sohne zuwandte, der nun, ohne zu wissen wie, Wirth zur Krone und Herbergsvater wurde.
Jedem wurde, der vorgab, der Inhaftirte sei ihm Geld schuldig, die genannte Summe ohne den geringsten Ausweis, ja selbst ohne den Verhafteten nur zu fragen, von dessen vorgefundenem ersparten Vermögen ausbezahlt.
Dass dieses nur noch mehr zur Erbitterung der Parteien beitrug, ist selbstverständlich. So schrieb unter andern Stasel in einem Briefe an den Amtmann Blum: „Hoch vom Teufel angetriebener Herr Blum! Mich, meinen Mann und mein Kind habt ihr bereits an den Hirtenstab gebracht, nun treib Ihr’s so lange, bis Ihr uns an den Bettelstab seht!“ Und so kam es auch!
Fast das ganze Geld war auf die angeführte Art verschleudert und der elende Richter zu seinem Zwecke gelangt, dem Verhassten alle Mittel zu entziehen, selbstständig wieder auftreten zu können.
Augenblicklich war Haas wieder bereit, die 900 Meilen lange Strecke nach der Residenz zurückzulegen, um vom Kaiser selbst Satisfaction für die erlittenen Unbilden zu erlangen. Huldvoll wurde ihm Gehör geschenkt, und bald darauf der Bescheid erteilt, vom Amtmann Blum für jede Woche Untersuchungshaft hundert Gulden, mithin neunhundert Gulden Schadenersatz ansprechen zu können.
Jetzt ging eine grossartige Bestechung an, und viele, viele Körbe mit Lebensmitteln wanderten von Höchst nach Weiler zum Richter, zur Vertuschung der ganzen Angelegenheit, was auch insoferne erzielt wurde, als nach langem Prozesssiren und vielleicht zwanzigmaliger Reise der Frau Haas nach Bregenz die Leute nicht einen Heller von der Summe sahen.
Nach der Freilassung des Haas und nachdem sein Weib in Bregenz alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, kam eine Commission von dort nach Weiler, bestehend aus dem Syndikus, dem Stadtschultheiss und dem Landvogte. Der letzte, ein kleiner Mann mit ausdrucksvollen Augen und hoher geistvoller Stirne, stellte sich dicht vor den Richter und frug ihn mit durchdringender Stimme: „Gesteht Herr Richter! Habt Ihr das gethan, habt Ihr dem braven Mann sein Geld verschleudert, verschleudert an vermeintliche Gläubiger, die ihre Ansprüche gar nicht leitimiren konnten? Hab Ihr das wirklich gethan?“ Der rothköpfige Richter kaute verlegen an den Nägeln, und antwortete: „I woiss nit, es muss’s grad der Gerichtsschreiber than haben.“
„Das gibt einen Prozess“ entgegene verächtlich der Landvogt, „der in Bregenz ausgefochten wird!“

Fortsetzung
read 512 times

23
Nov
2010

Jugendgeschichte 1784

Im Nachlass meines Großvaters fand sich einst eine Geschichte, mit einer alten Schreibmaschine getippt, auf so dünnem Papier, dass es sogar den Mäusen gut geschmeckt zu haben scheint.
Ich selbst habe schon einmal die erste Seite auf einer der ersten mit speicher versehenen Schreibmaschinen (ich glaube, es war eine Philips) abgetippt. Damals blieb es dabei. Die Geschichte ist aber einfach zu urig, um in Vergessenheit zu geraten.
Es handelt sich um meine Vorfahren und die Geschichte selbst hat auch einiges zu bieten.
Ich tippe sie jetzt ab und behalte dabei sowohl die Schreibweise als auch einige Fehler, die vermutlich unbeabsichtigt beim ersten Tippen vor vielleicht 60 Jahren entstanden sind. Ebenso behalte ich gesperrte Namen bei. Die einzige Änderung, die ich mir erlaubt habe, ist das Anfügen eines Leerzeichens nach Beistrichen, von denen einige auch einmal fehlen.
Viel Spass beim Lesen.


Seite 1 und 2 von 33.

Jugendschichte
Unserer theuren Mutter
J O S E F A S W O B O D A, geborene H A A S,
zu W e i l e r bei Bregenz
Vorarlberg’schen am 20. November 1784 geboren. –
Ihren Nachkommen erzählt in schlichter, wahrgetreuer Weise von ihrem sie hochverehrenden Sohne L O U I S.

I.
E i n l e i t u n g .

An einem heissen Sommer-Mittage des Jahres 1762 trat ein hübscher Bursche mit einem Ränzel am Rücken in die Gaststube des Brauhauses zu Weiler, einem Marktflecken bei Bregens im Vorarlbergischen.
Hitze und Müdigkeit liessen ihn kaum die schmucke Dirne beachten, die ihm das auf seinen Wunsch frisch aus dem Keller geholte Bier kredenzte. Erst, nachdem er seinen Durst genügend gestillt, weidete sich sein Auge an dem hübschen Gesichtchen und den gefälligen Formen des geschäftigen Mädchens, und bard ward die Bekanntschaft näher gemacht.
Die schöne Dorfhebe war die Tochter des reichen Braumeisters Linder, Anastasia, der Fremde dagegen nannte sich Haas und gab vor, Handel mit allerlei Artikel zu treiben, was auch der Zweck seiner Ankunft im Flecken wäre.
Des fremden Händlers Anwesenheit im Dorfe verlängerte sich nun sonderbarer Weise über die Massen; oft sprach er im Brauhause ein, und wusste sich bald das Wohlwollen Aller von der Wirthschaft, besonders aber Stasels zu erwerben. Als er nun gar dem alten Linder erzählte, sein Bruder sei ein reicher Lederermeister in Wien, der ihn, seinen nächstem und einzigen Verwandten, bei einer allfallsigen Wendung seiner Verhältnisse nicht im Stiche lassen würde, als er endlich mit der Farbe herausrückte, und förmlich um die Hand der schönen Stasel anhielt, da lugte der Vater seitwärts zur lauschenden hocherröthenden Tochter, dann gab er lächelnd und freudig seine Einwilligung, seinen Segen. Haas nahm nun wirklich von seinem Bruder in Wien die für die damalige Zeit grosse Summe von achthundert Gulden zu leihen, und eröffnete unweit seines künftigen Schwiegervaters Hause ein Wirthsgeschäft, dass er zur „K r o n e“ nannte.
Bald wurde Hochzeit gefeiert, zum nicht geringen Aerger der Dorfburschen, denen der fremde Hoorzopfer, wie sie Haas seines gewaltigen Zopfes wegen nannten, das schönste Sputele weit und breit wegkaperte.
Die erste Zeit ihres Ehestandes schwand dem neuen Paare in Wonne und Freude dahin, bald jedoch wurde dem Manne die Stube zu enge, die alte Gewohnheit des Wanderns von einem Orte zum andern machte sich abermals geltend. Er fieng seinen Handel wieder an, mit Käse, Schnecken u.s.w., die er nach Wien in einem Flosse auf der Donau transportirte, und dort gut absetzte: sein Fahrzeug verkaufte er dann und machte die Heimreise meist zu Fuss.
Da er jedoch dabei selbst viel verbrauchte, unter welchen Ausgaben der Wein nicht die kleinste Rolle spielte, so trugen diese Reisen wenig Gewinn.
Auch nahm er öfters Leute, die nach Wien zu reisen wünschten, in seiner Zille gegen geringes Entgeld mit. So brachte er auch unter andern den durch sein tragisches Ende bekannten Abbé B l a n k, seinen nächsten Nachbar in Weiler, an dessen unglückseligen Bestimmungsort.
Sein junges Weibchen versah indessen recht gut die Wirthschaft. Von den damaligen und dortigen Gasthaus-Zuständen kann man sich einen Begriff machen, wenn man hört, dass die „Krone“ mit einem Eimer Wein ein Vierteljahr versorgt war, und wenn Jemand ein Glas Bier holte, gefragt wurde, ob zu Hause ein Kranker wäre der Bier brauchte. Jetzt ist diess freilich anders geworden.
Einstmals überredete er seine Frau mit ihm nach Wien zu fahren, da der Bruder ohnediess neugierig wäre, seine neue Schwägerin kennen zu lernen, wozu sie sich auch gerne bereit erklärte.
Sie kamen einige Tage vor dem Rohnleichnams-Feste in der grossen Stadt an, und wohnten dieser Feier auch bei, nachdem ihnen der Schwager einen recht guten Platz „zum Sehen“ verschafft hatte.
Als Kaiser Josef II. hart an ihnen vorüberging, blieb er, angenehm überrascht beim Anblick seiner in ihrem schönsten Schmucke, im knappen brennrothen Mieder mit silbernen Spangen eingezwängten wunderhübschen Unterthanin einen Moment stehen, worüber diese über und über erröthete, und in ihrer Einfalt schon glaubte, der Monarch wolle sich in eine Unterredung mit ihr einlassen.
Dass alle diese früher nie gesehenen Herrlichkeiten viel und auf lange Zeit Stoff zur Unterhaltung nach ihrer Rückkehr gab, kann man sich leicht vorstellen.
Eines Morgens sah man in Weiler Jung und Alt an einer Mauerecke stehen, und auf ein beschriebenes Blatt Papier gaffen.
Sobald wieder ein neuer Ankömmling die Versammlung zahlreicher machte, und des Lesens unkundig, die Nächststehenden neugierig befragte, was auf dem Zettel dadroben stehe, wurde ihm angedeutet, es werde nächsten Sonntag in der Kirche Komödie gespielt. Ein Schöngeist, der sich besonders wichtig zu machen bemüht war, las alsbald mit lauter Stimme die Anzeige dem Volke vor: „Sonntag den so und so vielten, wird in der Kirche zu Weiler aufgeführt die schöne aber furchtbare Geschichte aus dem alten Testamente von J u d i t h und H o l o f e r n e s.“
Die gottgefällige Mörderin gab ein schönes, junges Weib aus dem Dorfe, unserer Stasel war Episonden-Rolle der verführerischen Welt zugedacht. Wunderbar schön, mit aufgelöstem Haar, mit Flitter aller Art bedeckt, trat letztere Sonntags bei gedrängt vollem Gotteshaus vor den Sünder Philotea, der, ein blasser Jüngling, mit Rosenketten an den Stuhl gebunden, mit wehmüthiger Stimme sang:
„Ach wie hart bin ich gebunden
Durch des Teufels Kett‘ und Band‘,
Wenn Einer meint, er woll‘ nur scherzen
Bring lauter Gift, bringt lauter Schmerzen.“
„Steh‘ auf, Philotea,“ lockte die Verführerin, steh auf vom Schlafe Deiner Sünden, wir wollen unsere Häuser mit Raub füllen, wir werden Alles Köstliche und Gut’s geniessen, wag’s mit uns, es soll uns Allen Ein Säckel sein.“ Dabei schüttelte sie einen Beutel mit Spielpfennigen gefüllt, hoch in der Luft ober ihrem Kopfe.
Ein Schauder durchlief bei diesen Worten das Publikum, und als dann Judith erschien mit dem blutigen Haupte des Holfernes, als ihre Dienerin vor ihr niedersinken wollte, und Judith deren Ueberschwenglichkeit mit den Worten Einhalt that: „Schweig Afra, nicht ich, sondern die Hand Gottes hat es gethan,“ da brach der Beifallssturm von allen Seiten los, und wollte schier kein Ende nehmen.
Und einstimmig wurde die Wiederholung an dem nächsten heiligen Tag verlangt; anders jedoch war es im Rathe zu Bregenz beschlossen. Von dort gelangte ein Befehl in die Gemeinde, wornach jede fernere Schaustellung aus Sittlichkeitsrücksichten zu unterbleiben hat.


Fortsetzung
read 783 times

polymorph pervers

Auf meinen letzten Beitrag habe ich sehr liebe Kommentare bekommen. Doch bis auf Jossele kennen mich ja alle persönlich und haben daher die Gehirnwäsche des REAL LIFE über sich ergehen lassen müssen.
Da können keine objektiven Urteile mehr gebildet werden:)
-
Und überhaupt habe ich festgestellt, dass ich polymorph pervers bin.
Warum ich das heute so genau weiß?
Da habe ich doch nach der Lektüre dieses Beitrages mir ein nettes pornografisches Werk kaufen wollen. Und was kam dabei heraus?
Statistik von Kopf bis Fuss.
Ich mag diese "Kopf bis Fuss"-Bücher, die in einem ganz eigenem und didaktisch anregendem Stil verfasst sind.
Also Leute, mit so einem Spinner wollt ihr nicht wirklich etwas zu tun haben!
read 948 times
logo

auf 70 steuernd

die Erfahrungen genießend

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Nachtrag zu diesem Jahr
Abschluss der Musikaktivitäten Die Leistung des Jahre...
steppenhund - 10. Dez, 18:59
Langsamer Abschied
Долгое прощание - Langsamer Abschied Dieses Buch von...
steppenhund - 13. Nov, 12:01
Aleksandra Mikulska
Es gibt drei Pianistinnen, die ich ganz hoch einschätze,...
steppenhund - 22. Okt, 14:44
Quietschen
Q U I E T S C H E N Als ich gestern nach dem Aufstehen...
steppenhund - 20. Okt, 12:36
Ich liebe meinen Induktionsherd....
Ich liebe meinen Induktionsherd. Brauchst auch den...
la-mamma - 18. Okt, 18:10

Meine Kommentare

wenn Sie der Lehrer meiner...
würde ich mich wundern, dass Sie nicht auf meinen Kommentar...
abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
Überrascht
Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

The bridge


Bloggen
Computer
ernst
Familie
Film
fussball
Icebreaker
Ist das jetzt das Alter
Kino
Kultur
Leben
Lesen
Musik
nichttägliche Mathematik
Philosophie
Politik
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren