26
Dez
2012

Philosophie II

Philosophie für Roboter II

Ich habe schon mit einigen Menschen darüber gesprochen, was ich in der Einleitung geschrieben habe. Abgesehen von denen, die mehr oder weniger meine Meinung teilen, gibt es bei den Ablehnungen immer nur ein Hauptargument. Das lautet zusammengefasst in etwas: der Mensch hat etwas Besonderes an sich, was dem Computer immer abgehen wird. Bewusstsein, Individualität, Kreativität sind hier die wesentliche Schlagworte, welche in dem Zusammenhang fallen.

Manche halten mir vor, dass es gerade die hier ausgesprochenen Gedanken sind, die mich von einer Maschine entscheiden. Ich sei eben nicht programmiert.

Wie könnte ein Computer diese Fragen ausdrücken, wie könnte er dazu kommen? Im Prinzip wurde die Frage bereits im Hitchhiker's Guide to the Galaxy von Douglas Adams angesprochen. Man baut einen Computer, der im wesentlichen nur auf die Beantwortung einer Frage ausgerichtet ist. Lautet die Antwort 42, stellt sich erneut die Frage, worauf die Zahl 42 eine geeignete Antwort wäre.

"Eritis sicut deus scientes bonum et malum" schreibt der Teufel im Faust dem Studenten ins Tagebuch. Sollte diese Frucht vom Baum der Erkenntnis wirklich unsere Vertreibung aus dem Paradies verursacht haben, so ist sie wohl gleichzeitig die stärkste Antriebsfeder für das Wirken des Menschen, seit er Werkzeuge erfunden hat und sich die Frage nach den Sternen gestellt hat.

Eine entsprechende Aufgabenstellung für den Computer (der hier in der Folge als stellvertretend für eine Künstliche Intelligenz verwendet wird, obwohl es sich wohl um ein Netzwerk von Rechensystemen und geeigneten Sensoren handeln muss) könnte so lauten:
1) entwickle eine neue Prädikatenlogik oder verwende eine bestehende
2) errechne einen Satz von Prädikaten, welcher mit dem derzeitig dokumentierten Informationsstand der Menschheit konsistent ist. Beende den Vorgang, wenn Du in erkennbaren Schleifen landest.
3) Wiederhole Punkt 2 und sortiere jene Fakten aus, welche zu Schleifen führen.
4) Optimiere die Anzahl der Prädikate auf ein Minimum. (Vielleicht kommt da ein Set von 42 Prädikaten heraus:)
5) Vergleiche den zugänglichen gespeicherten Informationsstand mit Messungen der verfügbaren Sensoren.
6) Errechne ein Ausgangsmodell für die (angenommen 42) Prädikate.
7) Transformiere das Modell in ein Metamodell. (welches aus weniger Objekten besteht)
8) Fahre solange fort, bis jede neue Sensorinformation in das bestehende Modell integriert werden kann. (Es ist anzunehmen, dass hier kein Ende erreicht wird.)
9) Falls Punkt 8 erfolgreich beendet werden kann, errechne eine Aussage, welche nicht integriert werden kann. (Das wäre eine rechentechnische Analogie zum Incompleteness-Theorem von Gödel.)

Jetzt wird man zu Recht einwänden, dass dies ja auch nichts anderes als eine "Programmierung" darstellt. In Anbetracht der bisherigen Schritte muss das auch als gültiger Einwand akzeptiert werden. Jetzt gibt es zwei Umstände, welche den Einwand falsifizieren.
1) Die Berechnung könnte nach Schritt 8 in einem Modell enden, welches uns Menschen als Ausgangsbasis vollkommen unmöglich erscheint. Trotzdem könnte man aus dem Modell die gleiche Umgebung ableiten, welche wir heute vorfinden.
2) Bei Punkt 3 könnte sich herausstellen, dass jene Fakten, die zu Schleifen führen sehr stark durch menschliche Eigenschaften verursacht sind. Dies könnte dazu führen, dass sämliche Fakten so untersucht werden, "als hätte der Mensch nichts zu sagen", "als wäre er nicht kreativ", als könnten seine psychopathologischen Anfechtungen keinen geschichtlichen Einfluss verursachen. Ich spreche hier das Problem der Reproduktion ganz bewusst noch nicht an.

In obiger Schrittfolge wurde ein anderes Problem ebenfalls bis jetzt unter den Tisch gekehrt. Es ist dies das Problem der Rekursion. Da der Computer den "dokumentierten Informationsstand" untersucht, ist ihm auch jede Basisprogrammierung bekannt. Der Computer "weiß", warum er etwas macht, er weiß "wie", aber er weiß nicht, warum wir genau jenes Programm eingesetzt haben. Er weiß nicht, "warum wir Menschen dieses Programm eingesetzt haben." Er kann nur Annahmen aus dem Wissensfundus ableiten. Da wird wohl herauskommen, dass Menschen immer neugierig waren. Vielleicht wird auch herauskommen, dass wir Menschen uns eine Antwort auf Fragen erwarten, die wir nicht selber finden können.
Wir wollen, dass der Computer jene Fragen für uns löst. Daher übersetzen wir unsere eigenen Fragestellungen in für Computer verständliche Fragen. Der Computer ist ein Spiegelbild. Wir bauten (nicht "schufen") den Computer nach unserem Ebenbilde. Der Computer ist nicht menschgleich, ebensowenig wie der Mensch gottgleich ist. Doch die Parallelität ist verblüffend.
Der Computer ist kein Mensch und wird nie einer sein. Genauso wenig, wie wir ein Gott werden können.
Der Computer und der Mensch teilen eine Gemeinsamkeit. Beiden sind Bewusstseinsgrenzen gesetzt. Weil wir unsere Grenzen nicht akzeptieren, halten wir uns für überlegen. Doch vielleicht ist es genau umgekehrt...
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abohn - 7. Mai, 09:56
Gut gewagt!
Ein sehr ansprechender Text! So etwas würde ich auch...
abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
lamamma - 27. Mär, 12:44
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Ich bin wirkliich überrascht, dass gerade Du lamentierst....
lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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