19
Aug
2012

Zauberflöte in Salzburg

Regietheaterk vom schlimmsten. Was Harnoncourt mit dem Orchester aufführt ist zumindest interessant. Die Königin der Nacht singt sogar für meine Schweinsohren verstimmt.
Die Initiationsszene wird von zwei lebendigen Kerzenständern in Raumanzügen vorgeführt.
Sarastro und seine Mannen wirken wie die Mannschaft einer Psychiatrie und dort gehören auch die Verantwortlichen für diese Aufführung hin.
Dabei wäre die Felsenreitschule gut geeignet, eine "klassische" Regie zu leben, was auch zu der "Originalmusik" des Harnoncourts gut passen würde.
So einen lächerlichen Scheiß habe ich ja noch selten erlebt. Da haben sich die Kritiker über die Boheme aufgeregt, obwohl dort die neumodische Regie sehr gut zu passen schien.
Im übrigen sind die Sänger so oft mit dem Orchester auseinander, dass es schon weh tut. Die Besetzung der Pamina passt zumindest fürs Fernsehen nicht. Die sehr gute Sängerin ist zu alt für das, was sie verkörpern soll. Tamino und Pamino in Unterwäsche hätte man wenigstens mit Palmer ausstatten können.
Ist wirklich ein Wahnsinn.
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Es passt dazu, dass im Teletext die Oper nicht einmal den Komponisten erwähnt, allerdings immerhin das Geburts- und Sterbedatum von Schikaneder.
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Spielen und Sterben

Angeregt durch einen Beitrag bei Pjerunje war ich angeregt, heute die Schubert-Sonate DV960 zu spielen. Diese Sonate begleitet mich mein ganzes Leben und wie ich schon andernorts beschrieben habe, war sie der Grund, nie mit dem Klavierspiel aufzuhören.
Die Sonate dauert ungefähr eine Stunde und stellt heute meine Kondition echt auf die Probe. Am Ende bin ich schweißüberströmt und bin nicht sicher, ob ich noch eine Note lesen kann oder mich überhaupt noch eine Minute länger konzentrieren kann.
Die ersten drei Sätze waren verständnismäßig nie ein besonderes Problem für mich. Ich hatte meine eigene Interpretation und war zufrieden damit. Doch den letzten Satz verstand ich nicht. Irgendwie passte er mir nicht zu den anderen drei Sätzen, ich empfand ihn als schwache Fortsetzung der vorigen Sätze.
Heute habe ich nachgesehen. In der englischsprachigen Wikipedia steht über die letzten Sonaten mehr als in der deutschsprachigen. Speziell eine Passage finde ich dort, der ich sehr gut zustimmen kann.
It is often suggested that the Last Sonata, in B-flat major, is a farewell work in which Schubert faces his own death (somewhat analogous to the myths surrounding Mozart's Requiem); this is usually ascribed to the relaxed, meditative character which dominates the two opening movements. [Eva Badura-Skoda]
Diese Interpretation wird von Alfred Brendel nicht geteilt, doch mir erscheint sie sehr zutreffend.
Speziell der 2. Satz ist die Begleitmusik eines Sterbenden, der bereits ein Stückchen vom Himmel sieht. Der 3. Satz ist ein leichtfüßiger Ritt, schon über den Wolken. Aber was ist mit dem 4. Satz?
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Vor wenigen Tagen fiel mir eine Interpretation ein. Die leere Oktave, die den Satz einleitet und später noch immer wieder vorkommt, ist ein Peitschenhieb, die von einem lustigen Pferdegeklapper gefolgt wird. Aber es ist nicht so lustig. Man stelle sich eine geschlossene Kutsche vor, schwarz lackiert, in der Schubert sitzt. Er identifiziert sich mit den Pferden, er fühlt sich getrieben. Angetrieben wie vielleicht ein Galeerensklave, der zu höherer Leistung angetrieben wird, bis er es nicht mehr schafft und stirbt. In dem Rondo gibt es Passagen, die ein wenig nach Betäubung klingen, das Leben wird als lieblich empfunden. Aber diese Passagen werden durch ganz harte Ausbrüche deutlich ins Gegenteil verkehrt. Und darauf hin folgt echtes Räsonieren, das mit einer Tarantella verwechselt werden könnte. Allerdings handelt es sich nicht um einen Sechsachtel- sondern einen Zweivierteltakt. Und weiter geht es mit einem echten Peitschenhieb. Das lustige Geklappere artet in das mühsame Durchdringen eines Dickichtes aus, eine schwierige Passage wird überwunden.
Die Peitschenhiebe werden schwächer, das Aufbäumen bleibt das Gleiche. Gegen Schluss werden die Peitschenknaller schwächer, auch das Getrappel wird weniger und reißt immer früher ab. Und plötzlich reißen sich die Rösser los und stürmen davon. Sie nehmen das von Schubert mit, was übrig geblieben ist, seine Identifikation und seine Gedanken. Nichts wesentliches bleibt mehr übrig.
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Jetzt habe ich ein kleines Problem. Ich denke, wenn ich den Satz richtig gut spielen kann, ist mein Leben erfüllt. Ich werde kurz darauf sterben. Es wäre einfach, nicht mehr zu spielen und ewig zu leben. Doch es treibt mich an, diesen Satz so spielen zu können, dass ein Zuhörer meine Interpretation auch heraus hören kann. Wenn das funktioniert, wird es aus sein. Aber es ist doch ein tröstlicher Gedanke, mein Leben mit "ein Leben, eine Sonate" zu beschreiben. Das gäbe schon etwas her.

Weil ich in der letzten Zeit immer öfter lesen muss, dass Musikbeispiele auf youtube nicht von den deutschen Freunden abgehört werden können, versuche ich mehrere Beispiele zu verlinken.

Curzon (gutes Tempo)
http://www.youtube.com/watch?v=Vl_tLPLT5xk
Pires (gefällt mir sehr gut)
http://www.youtube.com/watch?v=ShGa9u-5NYs
Schnabel (ein bisschen langsamer aber mit der selben Dringlichkeit) 1939 (von Schnabel habe ich eine russische Beethovenausgabe, davon kann man super lernen)
http://www.youtube.com/watch?v=1qM-_sw8sio
Svatoslav Richter 1972 (von den angegebenen 5 ist das genauso, wie ich es selbst innerlich höre. Leider spiele ich ein bisschen schlechter als er:)))
Nachtrag: während ich den Eintrag eingestellt habe, habe ich die anderen Sätze ebenfalls von Richter gehört. Es gibt keinen unerwarteten Ton oder Tempo in seinem Spiel. Er spielt Schubert so, wie ich ihn spielen und hören möchte. Naja, der erste Satz ist mir eine Spur zu langsam:)



http://www.youtube.com/watch?v=ZohY6laAV7Q
Brendel (als Referenz, obwohl er Schubert sehr gut spielt, mag ich diese Interpretation weniger)
http://www.youtube.com/watch?v=p2YbCgudmc0
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abohn - 25. Apr, 15:30
Eigentlich habe ich deinen...
Eigentlich habe ich deinen Sohn erkannt. Der ist ja...
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lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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