28
Apr
2011

Datenschutz Gegenteil

Es geht um die "Cloud".
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Ich selbst bin kein absoluter Gegner von Cloud-computing, doch ich bin immer skeptisch, wenn sich etwas als Hype darstellt.
Vor 14 Jahren war ich schon einmal mit einer Wolke in Berührung gekommen. Damals wurde in Plänen das WAN (Wide-Area-Network) als Wolke ge- und bezeichnet. Im Vergleich zu heute, war das eine sehr zähflüssige Wolke. Die Daten liefen mit 32 kBaud darüber. (Das war damals schnell für einen Amateur, für ein Unternehmen war es allerdings Schneckengeschwindigkeit. Bestimmte Orte in der Provinz waren halt nicht schneller angebunden.) Die Programmierer vernachlässigten diese Langsamkeit und so wurde schlussendlich eines der größten und teuersten Projekte gegen die Wand gefahren.
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Die Probleme mit der Geschwindigkeit gibt es heute nicht mehr. Das Geschäftsmodell der Cloud sieht ungefähr so aus: bestimmte Programme und defacto Hardware werden ausgelagert. Dagegen ist ja noch nichts zu sagen. Die Buchhaltung muss auch nicht in der eigenen Firma gemacht werden und Steuerberatung gehört ebenfalls nicht zur Kernkompetenz eines Klein- und Mittelunternehmens.
Es liegt nun auf der Hand, dass bestimmte Aufgaben der IT, der betrieblichen Versorgung einer Firma mit Geräten und Programmen, an Spezialisten ausgelagert werden. Manchmal geschieht das mit ganzen Subunternehmen, wenn beispielsweise die IT-Abteilung einer Versicherung and die IBM verkauft wird. Mit Cloud hat das noch nichts zu tun.
Mit Cloud werden vor allem Datenspeicher und Anwendungen und ein Teil der Vernetzung in einem Unternehmen (vor allem mit verteilten Standorten) gemeint, die nun nicht - wie der Name suggeriert - irgendwo am Himmel in einer Wolke oder einem Satelliten untergebracht sind, sondern genauso wie sie in der Firma, denen die Daten gehören, in entsprechenden "Serverfarmen" von einer auswärtigen Firma zur Verfügung gestellt werden.
Auch dagegen ist noch nichts zu sagen.
Jetzt gibt es nicht eine cloud sondern viele. Jeder größere IT-Provider oder jede größere IT-Firma bietet Cloud-Dienstleistungen an. Es gibt also viele zumindest mehrere "Clouds". Neu ist der Umstand, dass in diesen Clouds jetzt nicht nur die Daten eines Unternehmens bewahrt werden, sondern dass sich viele Firmen in diesem Datenhochhaus einmieten.
Auch dagegen ist noch nichts zu sagen.
Während die IT und die Sicherung von Daten schon jetzt komplex ist, - vor allem zählt die Ausrede eines Herrn Flöttls nicht mehr, dass der Computer abgestürzt sei und alle Daten futsch wären - ist Verfügbarkeit, Backup und die Minimierung von Downzeiten ein Spürchen, eine Spur, eigentlich einen ziemlich Anteil an Arbeit größer geworden. Es handelt sich um neue Verfahren, neue Herausforderung, die wie auch sonst in der IT üblich durch Marketingaktivitäten nicht ausreichend bedacht werden können. Während die Verkaufsabteilung verkauft, rätseln die Techniker noch, wie bestimmte Probleme zu bewerkstelligen sind.
Dagegen ist, wie auch überall sonst, etwas einzuwenden.
Es ist so ähnlich, als würden Pharmafirmen ungetestete Produkte auf den Markt werfen, oder neue Energiesparlampen werden angepreist, ohne ihre Langzeiteinflüsse ausreichend zu prüfen.
Man könnte argumentieren, dass ein bisschen Datenverlust noch nicht die Welt einstürzen lässt. Ich würde im Allgemeinen nur dazu schmunzeln und Zustimmung äußern.
Aber hier irrt der Steppenhund. Wenn sich Datenausfälle entsprechend stark auswirken, kann das Folgen haben, die Fukushima übersteigen.
Das zugehörige Szenario sieht so aus:
Vorab: ich habe diese Daten nur mündlich von Spezialisten bekommen, aber sie wirken plausibel. Wenn eine Bank 3 Tage ohne EDV auskommen muss, geht sie pleite, bei einer Versicherung dauert es immerhin 6 Tage. Durch die notwendigen Geldbewegungen, die nicht ausreichend durchgeführt werden können, weil man mittlerweile von der Verbuchung über EDV abhängig geworden ist, entsteht ein Dominoeffekt, der irgendwann bewirkt, dass das Unternehmen zahlungsunfähig wird.
Bei der Cloud Amazons gab es jetzt einen 36 Stunden-Ausfall, bei dem nicht nur Amazon sondern auch viele Start-up-Unternehmen betroffen waren. 36 Stunden sind eineinhalb Tage. Da bewegen wir uns in einer Größenordnung, die schon im Bereich der kritischen Grenzen liegt.
Bei der Vernetzung der Banken untereinander könnte eine betroffene Bank andere mitreißen. Der Effekt wäre ähnlich wie in der letzten Bankenkrise, die durch andere Gründe verursacht war. Jedenfalls nachhaltig bis in den Lebensbereich von allen von uns.
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Ähnlich wie bei Atomkraftwerken liegt die Gefahr nicht so sehr in der Materie selbst, sondern in Megalomanie bzw. Konzentration von "viel" auf engstem Raum. Damit wird Risiko angehäuft.
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Den Ausfall bei Amazon möchte ich jetzt noch nicht überbewerten. Der Einbruch bei Sony Playstation, bei dem kolportierte 77 Millionen Kundendatensätze auspioniert wurden, zeugt aber, dass Großversagen durchaus im Bereich des Möglichen liegen.
Dazu bedarf es noch nicht einmal Stuxnet.
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Call to action: nicht Verweigerung sondern kritische Betrachtungsweise ist angesagt. Wie im vorigen Beitrag bereits in den Kommentaren enthalten, kann man sich trotz Wissens nicht vor Manipulation schützen. Doch man kann Warnsignale beachten. Ein wesentliches Warnsignal ist ein Hype. Wenn mir jemand etwas versucht zu verkaufen, obwohl er selber das Produkt nicht genau beschreiben kann und die Für- und Wider entsprechend erklären kann.
Mit den "Fürs" gibt es in der Regel keine Probleme. Wenn der Verkäufer aber bei den "Widers" nach dem Techniker ruft, weil es so "kompliziert" ist, dann stinkt die Angelegenheit.

Und Stinken ist in diesem Fall ein Warnsignal.
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abohn - 25. Apr, 15:30
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lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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