18
Apr
2011

Lebensstandard

Ist es wohl unbestritten, dass mein Lebensstandard in Belgrad, wo ich doch etliche Zeit zubringen werde, geringer ist als in der Nähe von Wien. Eine 31m²-Garcioniere statt eines Einfamilienhauses mit Garten, vermutlich eine Clavinova (brrr, schüttel) statt eines Bösendorfers.
Heute habe ich von zuhause geträumt, von meinem Sohn, der ja im gleichen Haus wohnt, von meine Familie und von einer alternativen Realität, die sich so fortsetzen würde wie bisher.
Verändert das meine Entscheidung, es hier in Belgrad noch einmal zu versuchen?
Nein.
Der voraussichtliche Standard genügt mir. Zwar lebe ich jetzt noch im Hotel und bin etwas durch die vergangenen Eingriffe beeinträchtigt, doch in der letzten Woche sind doch einige Fortschritte erzielt worden.
Ich meine jetzt nicht die beruflichen Fortschritte, deren Ergebnisse erst in 4-5 Monaten sichtbar werden können (oder hoffentlich nicht), sondern die privaten Fortschritte.
Ich traue mich über den Zebrastreifen des Slavija-Platzes. Ein riesiger fünfspuriger Kreisverkehr mit vierspurigen Straßenmündungen. Zu manchen Zeiten regelt ein Verkehrspolizist den Verkehr. Sonst muss man auf gut Glück den Zebrastreifen betreten und hoffen, dass die Autos stehen bleiben. Sie tun es. Ich bin schon verwundert, dass die Belgrader Autofahrer wesentlich zivilisierter stehen bleiben als die Wiener es tun.
Ich kann die Straßenbahnen und die Autobusse benutzen, inklusive des Einkaufs von Fahrkarten. 50 Cent kosten die Fahrkarten, das entspricht bei Umrechnung der Durchschnittsverdienste etwas den Kosten in Wien.
Ich kann Taxis bestellen, anhalten und meine Adresse ausreichend verständlich nennen, selbst wenn es um Hausnummern geht.
Ich kann eine Mehrwertsteuerrechnung im Restaurant verlangen: "Mogu li dobiti fiskalni ratschun?"
Ich kann das Zimmermädchen auf später vertrösten: "Krasnije! Molim"
Ich war gestern im Kino, habe mir das Remake von Kaktusblüte angesehen. Der Film war wie üblich auf englisch mit serbischen Untertiteln.
Ich stelle fest, dass ich sehr viel Grammatik lerne, in dem ich alte Startrek-Reihen im Fernsehen sehe. Ich benötige manchmal nicht einmal die Audio-Spur, um die gelesenen Untertitel auf serbisch zu verstehen.
Ich kann im Supermarkt einkaufen. Wenn ich auch jetzt sehr, sehr wenig brauche, weil ich eh praktisch nichts essen will, kann ich doch fragen und bezahlen.
Und ich kenne eine ganze Reihe toller Restaurants, die teils mit serbischem, teils mit altserbischem Flair ausgestattet sind. Gestern habe ich zu Mittag im Manjesch gegessen. Einrichtung wie in einem Wiener Kaffeehaus, ausgezeichnetes Futter, vor allem das Kartoffelpüree, bei dem ich ja sehr heikel bin.
Am Samstag Nachmittag war ich im Haupterholungsgebiet der Belgrader: See Ada. Das ist ein künstlicher See, der rundherum mit Erholungsstreifen, Kaffeehäusern und Restaurants und jede Menge Strand umgeben ist. Man könnte dort sogar Wasserschifahren.
Ungefähr sechs Kilometer bin ich von einem Ende zum anderen und zurück gestiefelt.
Mit dem Autobus dann wieder nach Alt-Belgrad bis zum Bahnhof und dort mit dem Taxi weiter.
Öffentlich war "downtown" am Samstag nicht zu empfehlen. Es gab angekündigte Demonstrationen gegen die Regierung. Und beim Rausfahren konnte ich Unmengen an Polizei sehen. Vor jeder Botschaft standen so 20-30 Mann.

Wie gesagt, der Lebensstandard ist ein anderer. Doch wenn meine Tochter mit Mann mehr als ein Jahr in Uganga verbringen kann, so muss ich mich in Belgrad einfach wohlfühlen können.

Und die Menschen sind freundlich. Außerordentlich nett, freundlich und zuvorkommend. Das hätte ich so nicht erwartet.
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