11
Feb
2011

Liszt und Slobodyanik

Mein Zugang zu Liszt war kein leichter. Eröffnet hat mir diesen Alexander (Sascha) Slobodyanik. Über ihn findet sich ein sehr schöner Nachruf in den New York Times. In Wikipedia ist er zu finden, allerdings nicht unter den russischen oder ukrainischen Pianisten sondern nur unter seinem Namen. Den Namen habe ich immer wieder vergessen, obwohl er mir von Zeit zu Zeit einfiel und dann wieder entfiel.
Er war eigentlich nur Sascha. So wie der andere Sascha, der Alexander Satz. Ich habe ihn nur indirekt spielen gehört, aber ich habe zwei Tage mit ihm verbracht.
Zuerst bei Bösendorfer, wo ich ihn abholte und mit ihm zum Nierscher-Heurigen in Klosterneuburg fuhr. Dann ging es um Mitternacht in den 4. Bezirk, wo russische Emigranten wohnten. Einer hatte gerade Brot aus Russland mitgebracht. Es war eine Bombenstimmung. Ich kam damals um 5 Uhr früh nach Hause.
Den nächsten Tag machten wir Sightseeing-Tour, speisten und unterhielten uns. Er war damals ungefähr 47 Jahre alt. Die Zeit seiner größten Berühmtheit war vorbei, aber trotzdem wurde er gefeiert, wenn er in Wien beispielsweise ein Konzert gab.
Ich war daher recht unbefangen und fragte ihn über Prokofiev aus. Eigentlich hatte das Gespräch schon am Vorabend begonnen, denn er brachte mir am zweiten Tag eine Kassette mit einer Einspielung der 7. Sonate durch ihn mit. Die habe ich mir dann ein Jahr lang jeden Tag mehrere Male im Auto angehört.
Irgendwie kamen wir dann auf Liszt zu sprechen. Zuerst ging es nur um die Schwierigkeiten der h-moll-Sonate. Doch recht bald erklärte er mir, dass nicht die Technik im Vordergrund stehen würde. Liszt wäre ein tiefreligiöser Mann gewesen und den Zugang zu seiner Musik könne man nur finden, wenn man diesen Aspekt berücksichtigte.
Sascha war ja auch ein Schüler von Neuhaus gewesen, so wie der von mir verehrte Svatoslav Richter. Eigentlich war es schon unheimlich faszinierend für mich, so nahe an "den Großen" zu sein. Ich gebe zu, dass ich bis zu diesen Gesprächen bei Liszt immer das virtuose Element im Vordergrund gesehen hatte, was mich ein wenig die Nase rümpfen ließ.
Seit den damaligen Unterredungen, bei denen wir lange in meinem 20-Jahre alten Mercedes saßen, (ein Traumauto) hatte ich einen anderen Zugang zu Liszt. Das Meditative öffnete sich mir und ich hatte den Eindruck als wäre eine Schicht abgefallen.
Ähnlich wie bei anderen Musikern hatte ich das Erlebnis, innerhalb kurzer Zeit eine sehr starke Beziehung aufzubauen. Ich muss damals wie ein Schwamm gewesen sein, der alles aufsaugte. Ich war immerhin schon vierzig und trotzdem noch neugierig wie nur irgendwas.
Heute habe ich nach Sascha gegoogled und war plötzlich erfolgreich, allerdings mit dem Wermutstropfen, dass er schon vor drei Jahren verstorben ist. Ich hätte gerne noch einmal Kontakt aufgenommen, aber da gäbe es auch noch viele andere. Ich weiß nicht, ob er sich noch erinnert hätte. Bei Satz war das etwas anderes. Da hielt die Verbindung bis kurz vor seinem Tod an. Aber der lebte schließlich in Graz und spielte oft in Wien.
Das ist der Link zu seinem Nachruf:
http://www.nytimes.com/2008/08/13/arts/music/13slobodyanik.html?_r=2&ref=obituaries&oref=slogin
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Wenn ich schon einmal übe ...

und dann um ein Uhr noch Lust habe, etwas ganz, ganz Neues zu spielen, was ich noch nie gespielt habe, etwas Besinnliches, ohne Glamour, etwas nur für mich allein, dann entdecke ich dieses Stück und es gefällt mir auf Anhieb. Die Kadenz ist tricky, aber der Rest kommt einfach aus der Musik heraus. Das spielt sich von selbst.



Und weil ich schon beim Liszt bin, habe ich das heute entdeckt. Und wenn ich nichts getrunken habe, komme ich da sogar auf Anhieb durch. Das liegt mir. Werd' ich auch üben. Man gönnt sich ja sonst nichts.
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abohn - 25. Apr, 15:30
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lamamma - 26. Mär, 15:30
Wobei nähen sich ja viel...
Wobei nähen sich ja viel direkter geboten hätte.
Schwallhalla - 26. Feb, 10:30

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